Der US-amerikanische Schriftsteller Gardner Fox schrieb 1939 eine frühe, noch unbenannte Batman-Serie für Detective Comics. Darin sagt Batman, dass „nur eine Silberkugel einen Vampir töten kann”, und er schmiedet bald eine, um eine Gruppe von Vampiren zu bekämpfen, die Bruce Waynes Verlobte entführt haben.
Eine Silberkugel ist eine Kugel, die laut dem Volksglauben einiger Länder die einzige wirksame Waffe ist, um Werwölfe, Hexen oder andere Monster dauerhaft zu vernichten. Der Begriff „Silberkugel” kann sich auch auf eine einfache Lösung für schwierige Probleme beziehen. Ein Beispiel dafür ist das um 1930 entwickelte Penicillin, das den Ärzten half, eine Vielzahl bakterieller Krankheiten erfolgreich zu behandeln.
In einer Zeit, in der der Krieg in Gaza kein Ende nimmt und sich die humanitäre Lage drastisch verschärft, bräuchten wir eine solche „Silberkugel“ – nicht, um zu töten oder zu schießen, sondern um Lösungen zu finden, die dazu führen können, dass Menschen in Frieden leben und dieser Wahnsinn beendet wird.
Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen, der mit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober begonnen hat, gibt es täglich israelische Luftangriffe. Diese wurden durch den vereinbarten Waffenstillstand zwischen Januar und März dieses Jahres ausgesetzt. Doch seit Mitte März hat die israelische Armee ihre Angriffe wieder aufgenommen. Zudem verhindert die israelische Regierung seit mehr als zwei Monaten die Lieferung humanitärer Hilfe in das palästinensische Gebiet.
Aufgrund dieser Blockade schlagen die Vereinten Nationen Alarm. Laut den Vereinten Nationen leidet fast die gesamte Bevölkerung unter akuter Ernährungsunsicherheit, fast eine halbe Million Menschen sind von einer Hungersnot bedroht. Besonders betroffen sind Kinder: Mehr als 71.000 von ihnen sowie rund 17.000 Mütter benötigen dringend eine Behandlung wegen akuter Mangelernährung – deutlich mehr als noch zu Beginn des Jahres prognostiziert.
Fast eine Woche nach dem Ende der israelischen Blockade der humanitären Hilfe für den Gazastreifen sind nach israelischen Angaben weitere Lieferungen in dem umkämpften Gebiet eingetroffen. Am 25. Mai seien 107 Lastwagen mit Hilfsgütern wie Mehl und weiteren Lebensmitteln in den Küstenstreifen gefahren, teilte die zuständige israelische Behörde Cogat mit. Doch aus Sicht der UN und von Hilfsorganisationen ist das viel zu wenig. Auch die Bundesregierung positionierte sich deutlich. „Das ist deutlich zu wenig, zu spät und zu langsam“, sagte ein Sprecher.
Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist katastrophal. Nach palästinensischen Angaben sind viele Menschen, darunter kleine Kinder, an Hunger gestorben, und laut den Vereinten Nationen sind viele weitere davon bedroht. Um die rund zwei Millionen Palästinenser in dem abgeriegelten Küstengebiet zu versorgen, wären täglich rund 500 Lastwagenladungen nötig.
Nun wächst in Deutschland die parteiübergreifende Kritik am israelischen Vorgehen im Gazastreifen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) betonte zwar die Partnerschaft Deutschlands mit Israel, mahnte aber: „Die israelische Regierung darf nichts tun, was ihre besten Freunde irgendwann nicht mehr akzeptieren können.“ Beim Koalitionspartner SPD werden angesichts der zivilen Opfer und der unzureichenden Hilfe für die palästinensische Bevölkerung Forderungen nach einem Stopp deutscher Waffenexporte an Israel laut.
Außenminister Johann Wadephul (CDU) lehnte bei einem Treffen mit seinem spanischen Amtskollegen José Manuel Albares in Madrid die Vertreibung aus dem Gazastreifen eindeutig ab. Für den Außenminister dürfe es keine Politik des Aushungerns geben. Gleichzeitig bleibe Israels Sicherheit deutsche Staatsräson. „Dazu gehört selbstverständlich für die Zukunft auch die Bereitschaft, Waffen zu liefern.“ Wadephul bezeichnete dies als „großes politisches und moralisches Dilemma für uns“. Spanien setzt sich hingegen für ein internationales Waffenembargo im Nahen Osten ein.
Gleichzeitig fordern SPD-Politiker einen Stopp der Waffenlieferungen an Israel. Die Grünen kritisieren zwar das israelische Vorgehen im Gazastreifen, sind aber gegen einen generellen Stopp der Waffenlieferungen. Selbst in einigen Bundesländern wie dem Saarland sprechen sich die Landtagsparteien dafür aus, Waffenexporte nach Israel zu hinterfragen.
Dies ist ein bemerkenswerter Wendepunkt in der deutschen Außenpolitik seit Beginn des Krieges, in dessen Verlauf sich die deutsche Regierung auf die Staatsräson berufen hat. Dadurch hat Deutschland jegliche öffentliche Kritik an Israel verhindert.
Das war nachvollziehbar, da Deutschland aufgrund seiner historischen Verantwortung gegenüber Jüdinnen und Juden in ein großes politisches und moralisches Dilemma geraten ist. Doch diese Verantwortung darf keine Kritik an Natenjahu und seiner Regierung verhindern. Insbesondere, da diese Regierung offen äußert, dass ihr Ziel die Vertreibung der Palästinenser ist.
Jetzt könnte Deutschland seine Verbindung zu Israel nutzen, um Netanjahu unter Druck zu setzen und diesen Krieg zu beenden, das Leid der Palästinenser zu stoppen und die Geiseln freizulassen. Denn es ist seine Pflicht, einen Freund von einem größeren Fehler abzuhalten. Und diese Kritik könnte in Israel gehört werden. Das könnte dazu führen, dass diese Kritik aus Deutschland die Silberkugel ist, die diesen Krieg beendet.
Ein Beitrag von Ahmad Shihabi