Kroatien: Zwischen sozialdemokratischem Sieg und rechter Mehrheit

Die amtierende kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović hat beim ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen eine herbe Niederlage erlebt. Die im Ausland vor allem für das „tolle Jubeln“ bei der Fußball-WM bekannte Präsidentin konnte nur 27% holen und liegt knapp hinter dem Sozialdemokraten Zoran Milanović (30%).

Grabar-Kitarović und der Ministerpräsident Andrej Plenković haben ihre HDZ weiter nach rechts geführt, werden nach der Wahl aber sicher von rechten Flügel weiter unter Druck gesetzt werden. Das liegt vor allem am starken Ergebnis des rechtsnationalen Popstars Miroslav Škoro. Der vorher eher als Hofsänger der HDZ bekannte Škoro konnte mit einem stramm rechten Kurs immerhin 24% der Stimmen holen. Am radikalsten war seine Ankündigung den verurteilten kroatischen Kriegsverbrecher Tomislav Merčep zu begnadigen und die Wahrheit über das kroatische Konzentrationslager Jasenovac  aufdecken zu wollen. In der kroatischen Bevölkerung sind seine rechtsradikalen Äußerungen auf viel Zuspruch gestoßen. Mit seinem rechten Anti-Establishment Wahlkampf konnte er vor allem junge Kroaten überzeugen und holte hier mit 32% die meisten Stimmen.

Vom Sozialdemokraten Milanović ist indes auch nicht viel zu erwarten. Er war zwischen 2011 und 2016 Ministerpräsident. In dieser Zeit konnte er einige fortschrittliche Gesetze durchsetzen und hat sich oft gegen nationalistische Mobilisierungen geäußert. Die Kehrseite seiner Zeit waren neoliberale Reformen wie die Erhöhung des Renteneintrittsalters oder Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst. Außerdem war seine Regierung immer zur Stelle, wenn es darum ging die Eigentümer kroatischer Großkonzerne zu retten, die Macht der katholischen Kirche zu stärken und seine korrupten Parteifreunde zu schützen. In diesem Wahlkampf hat er sich als Kandidat der Mitte inszeniert und sich vom Nationalismus von Grabar-Kitarović und Škoro abgegrenzt. Um aber auch einige Pluspunkte im nationalen Freudentaumel zu erhalten, hat er stolz davon erzählt, dass sein Großvater für die Ustaša (kroatische Faschisten und Nazi-Kollaborateure) im 2. Weltkrieg gekämpft hat.

Die Stichwahl wird also hauptsächlich von den Wählern des rechtsnationalen Škoro entschieden. Diese werden nicht automatisch für Grabar-Kitarović stimmen wie die ersten Umfragen zeigen. Es zeichnet sich sogar ein Wahlsieg Milanovićs ab. Škoro wird auf jegliche Wahlempfehlung verzichten und hat bereits angekündigt, eine eigene Partei zu gründen und für die Parlamentswahl 2020 zu kandidieren.

Die sozialistische Partei Radnička Fronta (Arbeiterfront) hatte mit Katarina Peović das erste Mal eine eigene Kandidatin. Sie hat in vielen Interviews den Kapitalismus und Nationalismus als größtes Problem Kroatiens dargestellt, forderte eine andere antifaschistische Erinnerungskultur und hat eine gute linke Kampagne für die Mehrheit auf die Beine gestellt. Leider konnte sie im nationalen Schlagabtausch nur 1,1% holen, was aber auch erwartet wurde. Die noch junge RF ist eine kleine Partei ohne Mandate auf Bundesebene und mit lediglich einer Handvoll Mandaten auf kommunaler Ebene (u.a. in Zagreb). Sie wird bei den kommenden Wahlen sicherlich Bündnisse mit anderen linken Parteien aufbauen.

Das kroatische Staatsoberhaupt hat fast nur zeremonielle Befugnisse. Das Ergebnis dient aber als Gradmesser für die Parlamentswahlen 2020 und dieser erste Gradmesser sagt nichts Gutes aus: Trotz Milanovićs ordentlichem Ergebnis hat die Rechte 50% geholt. Kroatien bleibt auf einem Rechtskurs.


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