Die britischen Parlamentswahlen und das Unabhängigkeitsreferendum in Schottland haben die Basis gelegt für eine schottische Linke, die sich klar gegen Großbritanien und für eine sozialistische Unabhängigkeitsperspektive ausspricht.
Die britischen Parlamentswahlen im Mai erzählen zwei unterschiedliche Geschichten. Die erste betrifft das Vereinigte Königreich als Ganzes. Trotz der last-minute-Umfragen und der Spekulationen über Parlamente ohne Mehrheitsverhältnisse, Minderheitsregierungen, und neue Koalitionen, erhielten die Konservativen („Conservatives“) 37% der Stimmen (24% derer, die Wahlberechtigt waren) und damit die absolute Mehrheit der Sitze. Dies bedeutete, dass die Regierung mit einem der geringsten Stimmenanteile in der Geschichte gewählt wurde.
Obwohl es sicherlich keinen größeren Stimmungsumschwung hin zur dominanten Partei in der britischen Hauptstadt gab, können die Konservativen nun dank der Launen des britischen Wahlrechtssystems ihr brutales Sparprogramm aus der vorherigen Koalition ausweiten. Über ein Drittel der Stimmberechtigten haben gar nicht abgestimmt, und das vielleicht auffallendste Merkmal der Wahl war das totale Scheitern der „Labour Party“.
Die zweite Geschichte der Wahl betrifft Schottland. Das Ausmaß des Erdbebens, das dort geschah, zeigt sich in den folgenden Zahlen. Es gibt 59 „schottische“ Sitze im britischen Unterhaus („British House of Commons“), von insgesamt 650 Sitze. 2010 und 2015 ging jeweils ein Sitz an die Konservativen. 2010 gingen 41 Sitze zu Labour, 2015 fiel diese Zahl auf gerade einmal einen Sitz. 2010 bekamen die Liberaldemokraten („Liberal Democrats“) 11 Sitze, 2015 gewannen sie einen Sitz. 2010 gingen sechs Sitze an die Schottische Nationalpartei („Scottish National Party, SNP“), im Jahre 2015 stieg diese Zahl auf 56 Mandate.
Das ist kein Druckfehler. Von lediglich sechs Sitzen vor fünf Jahren ist die SNP jetzt im Besitz fast aller „schottischen“ Sitze im Unterhaus. Die SNP wurde von 50% aller Wähler unterstützt (36% aller Wahlberechtigten).
Die derzeitige Vorherrschaft der SNP ist nicht völlig beispiellos in der schottischen Geschichte. 1955 erreichten die Konservativen auch über 50% der Stimmen, auch wenn ihnen das nur 36 aus den damals vorhandenen 71 Sitzen für Schottland einbrachte. Und obwohl Labour 1959 die Konservativen als die Partei mit dem größten Stimmenanteil ablöste, dauerte es bis 1987 bis die absolute Dominanz über Wählerstimmen erreicht wurde – und das mit immer noch sechs Sitzen weniger als die SNP heute hat.
Was beispiellos ist, ist die Geschwindigkeit, mit der die SNP ihre Position erlangt hat, und die Tatsache, dass dies mit einem erheblichen Anstieg der Mitgliedszahlen einhergegangen ist. Jetzt zählt man etwa 110.000 Mitglieder, ungefähr 2% der schottischen Bevölkerung.
Die meisten neuen Mitglieder sind sowohl aus der Arbeiterklasse, als auch aus der politischen Linken. Der SNP-Gewerkschaftskreis hatte 800 Mitglieder beim September-Referendum 2014. Neun Monate später hat sie 16.000 – damit mehr als die gesamte Mitgliederzahl der schottischen Labour-Partei („Scottish Labour Party“). Bei der am 20. Juni stattgefundenen Anti-Austeritäts-Kundgebung mit ca. 5.000 Teilnehmern am George-Square, nahm unter anderem Kirsteen Fraser, die Generalsekretärin der SNP-Gewerkschaftsgruppierung teil. Nicola Sturgeon hingegen, SNP-Vorsitzende und Schottlands „Ministerpräsidentin“, nahm selbst am ersten Kongresses der Gewerkschaft in Stirling.
Der Aufstieg der SNP
Wie diese Ergebnisse zeigen, ist es nun fünf vor zwölf für die schottische Labour-Partei. Von 41 auf einen Sitz zurückzufallen, ist es wahrscheinlich der größte Einbruch in der schottischen Wahlgeschichte seit des ersten Untergangs der Konservativen damals im Jahr 1834 (der zweite Untergang ereignete sich 1997, als die Partei all ihre Sitze verlor). Überflüssig zu sagen, dass dies kein Prozess über Nacht war.
Labours Basis aus Mitgliedern aus der Arbeiterklasse ist seit den 1960ern gesunken und besonders in den Mitt-Achtzigern durch die neue Mittelschicht abgelöst worden. Früher gab es eine Schicht von Labour-Aktivisten in den meisten Arbeiterklassegemeinschaften, zumeist ziemlich rechts, die Einfluss auf den Gemeinderat nehmen, Petitionen organisieren, und ganz grundsätzlich für Reformen in den lokalen Gemeinden standen. Diese Schicht ist erheblich geschrumpft, und da diese Tätigkeiten trotzdem gemacht werden, wird klar, dass es nicht mehr die Labour Mitglieder sind, die diese in Gang setzen.
Der überwiegende Teil der Labour-Mitglieder kommt nun aus den assoziierten Gewerkschaften, deren Rolle daher von entscheidender Bedeutung ist. Die strukturelle Verbindung zu der organisierter Arbeiterschaft durch angeschlossene Gewerkschaften, und im Entfernten durch den Gewerkschaftskongress und ihre unter der Regierungsebene agierenden Entsprechungen, waren die Kanäle, durch die Ansichten der organisierten Arbeiterschaft innerhalb der Labour-Partei ausgedrückt wurden.
Obgleich sie immer stark durch die Verwaltung begleitet wurden, haben diese Sichtweisen die Labour-Politik beeinflusst. Ein Prozess, der seinen Höhepunkt um 1974 erreichte. Theoretisch könnte dies noch immer so ablaufen, aber praktisch gesehen, haben sich die Gewerkschaftsführer seit dem Aufkommen der New Labour eine Art Selbstentäußerungsverordnung auferlegt, die zur Marginalisierung des Einflusses auf die Partei führte, die aus der Arbeiterklasse kam. Dieser Prozess wird derzeit noch weiterverfolgt von einer Führung, die verzweifelt versucht, die Partei von der organisierten Arbeiterschaft wegzubewegen, einer Arbeiterschaft, die in der Wahrnehmung als unbeliebt gilt angesichts der anspruchsvollen und aufsteigenden Mittelschichtwähler, um deren Unterstützung Labour wirbt.
Das legt nahe, dass Labour in letzter Zeit wenig für die Arbeiterschaft getan hat. Historisch gesehen hat Labour natürlich eine Vielzahl von wichtigen Errungenschaften für sich zu verbuchen, aber Sozialisten neigen dazu, diese ziemlich geringzuschätzen, und sich stattdessen – aus offensichtlichen und aus normalerweise total gerechtfertigten Gründen – auf den Verrat durch Labour zu konzentrieren.
Durch diesen Ansatz ist es schwer verständlich, warum jemand jemals an Labour geglaubt oder überhaupt für sie gestimmt hat, aber leider liegen Labours Errungenschaften auch alle in der Vergangenheit, in manchen Fällen sogar in weiter Vergangenheit. Ihre jüngsten „Leistungen“ liegen in der Unterstützung für den Irak-Krieg, im Boulevard-Stil Rassismus gegen Migranten zu schüren, es abzulehnen die Anti-Gewerkschaftspolitik oder die Tory (und New Labour)-Privatisierungen umzukehren oder zu bekämpfen, während sie den Schotten Vorträge hielten über das Übel Nationalismus, der britische Nationalismus natürlich davon ausgeschlossen.
Wie auch vergleichbare Parteien in Europa und Australien und Ozeanien ist Labour außergewöhnlich weit nach rechts gerückt. Reformismus bleibt die vorherrschende Form des Bewusstseins in der Arbeiterschicht, es gibt jedoch keine notwendige Verbindung zwischen Reformismus im Allgemeinen und der spezifischen Form von Labour.
Die Kombination aus dem Regierungsverhalten der Labour, vor allem ihre Zustimmung zum Neoliberalismus, zusammen mit den strukturellen Veränderungen in der Natur der Arbeiterschaft und der derzeitigen Abnahme eines Sinns für Gewerkschaften in Labour mitzuarbeiten, bedeutet für viele aus der Arbeiterklasse, dass Labour im Grunde den anderen Parteien so ähnlich ist und einfach das geringere Übel zu sein scheint. Unter diesen Umständen ist es kein Rätsel, warum Wähler aus dem Arbeitermilieu neue Parteien wie die SNP unterstützen, die Reformen anbieten, an die sie wirklich glauben und die sozialdemokratischen Traditionen beschwören.
All das hier Beschriebene ist für Labour im Vereinigten Königriech nun Realität, aber es gibt auch spezifische schottische Gründe für ihren Niedergang. Die SNP ist bezüglich ihrer Struktur und Politik nicht im Geringsten wie „SYRIZA“ oder „Podemos“. Sie ist aber aus vergleichbaren Gründen auf Kosten der Labour gewachsen, in einer Art und Weise wie keine andere Partei in England dazu in der Lage wäre.
Vor zwölf Jahren, wohl sogar vor zwölf Monaten noch, hätten nicht mal die optimistischsten SNP-Strategen vorausgesehen, dass so viele ehemalige Labour-Anhänger gewonnen werden könnten, obwohl dies nun schon seit Jahrzehnten ihr Ziel gewesen ist. Der Stein des Anstoßes war die Kampagne zum Unabhängigkeitsreferendum und in ihrer Endphase das Aufkommen einer mit denen in Griechenland und Spanien vergleichbaren wirklichen sozialen Massenbewegung.
In vorangegangenen Zeiten wäre eine massive linke, überwiegend aus der Arbeiterklasse speisende und hauptsächlich aus Jungen bestehende Bewegung, potenziell zumindest, eine riesige Rekrutierungsquelle für Labour-Mitglieder und Labour-Wähler gewesen. Heutzutage wäre ein solches Resultat unmöglich, nicht nur weil sich Labour im Innen begeistert dem Neoliberalismus und im Ausland großer Kriege verschrieben hat, nicht nur weil sich die SNP vorsichtig als Verteidiger der sozialdemokratischen Traditionen positioniert hat, sondern auch weil Labour-Aktivisten einfach unfähig wären, zehntausend Mobilisierte von der „Radical Independence Campaign“ („RIC“) und der „Yes-Kampagne“ überhaupt anzusprechen.
Sie waren aber bereit sich zwei Jahre lang mit den Konservativen in der „Better-Together-Kampagne“ zu verbünden. Für Labour waren alle, die die Unabhängigkeit unterstützten, Nationalisten und somit nur einer Ablehnung würdig, mit der sie der SNP immer begegnen.
Diese verständnislose Blindheit des wirklichen Wesens der „Yes-Kampagne“ gegenüber, hat sogar auf die übrigen Vorkämpfer der Labour in Schottland Auswirkungen gehabt: Neil Findlay, ein ehemaliger Spitzenkandidat in Schottland, beschreibt Politik in Schottland als mittlerweile „post-rational“ aufgrund des Scheitern der Arbeiterklasse, für seine Partei zu stimmen. Tragisch ist das Gefühl versagten Anspruchs: man fragt sich, wie man damit anfängt ehemalige Anhänger anzusprechen, die man als Verrücktgewordene ansieht.
Tatsächlich ist die Unterstützung der Wähler für die SNP völlig rational. Zwei Trends haben die SNP näher an die Linken herangebracht.
Erstens näherten sich Sozialisten und Nationalisten bei der Frage nach der Bedeutung von politischen Schlüsselinhalten an, mit inbegriffen die Ablehnung von Trident und der Sparpolitik, und die Zustimmung zu allgemeinen staatlichen Leistungen. Der Übergang an der Spitze von Alex Salmond zu Nicola Surgeon erlaubte der SNP auch die giftigen Überreste der „Celtic Tiger Bubble“ loszuwerden, sprich jene politische Strategie Schottland in ein Land von niedriger Körperschaftssteuer, gemäß dem Modell Irlands, zu verwandeln. Zweitens stimmen eine Mehrheit der linksdenkenden Schotten außerhalb der Labour-Partei darin über ein, dass es keinen „britischen Weg zum Sozialismus“ gibt, sodass die Unabhängigkeit zu einer programmatischen Forderung wurde.
Jenseits der sich bekennenden Linken war die SNP auch in der Lage Wähler zu erreichen, die ihr gegenüber zuvor misstrauisch gewesen sind, oder vielleicht nur bereit gewesen sind, für sie auf Ebene für die schottischen Parlamentswahlen zu stimmen, weil sie sich der Sparpolitik und Atomwaffen entgegenstellen und Einwanderung befürworten. Wichtig ist, dass deren Erfolg die Behauptung widerlegt, Menschen werden nicht mehr links wählen – eine Lüge, die im Moment von allen Spitzenkandidaten der britischen Labour aufgebaut wird, außer dem einzigen linken Kandidaten Jeremy Corbyn.
Eine linke Opposition zur SNP
In Anbetracht dieser gewaltigen Umwälzungen und der Hoffnung, dass es das Erwachen in der schottischen Linken geben wird – nicht zu Unrecht, angesichts der Schreckensvisionen einer ungehinderten Herrschaft der Konservativen im ganzen Vereinigten Königreich – kann die Versuchung überwältigend sein, nur an einer Seite zu stehen und bewundernd auf den Giganten SNP zu starren, oder sich diesem sogar anzuschließen. Dem sollte man in jedem Fall widerstehen.
Es gibt wichtige Unterschiede zwischen einer sozialistischen Age
nda und der Agenda der SNP, manche davon wurden bei Sturgeons jüngsten triumphalen Besuch in den Vereinigten Staaten deutlich. Einmal scherzte sie mit Jon Stewart in „The Daily Show“ über die Neigung der USA, in ölreiche Länder einzumarschieren, und ein anderes Mal aber sagte sie dem „US Council for Foreign Relations“: „Glauben Sie nicht, dass die SNP und die schottische Regierung eine deutlich andere Position – verglichen zur Regierung des gesamten Vereinigten Königreiches – zum überwiegenden Teil internationaler Problemstellungen einnimmt“. Sie sagte außerdem zu, ein Hauptverbündeter der USA zu bleiben, wenn Schottland die Unabhängigkeit erlangt. In Bloomberg TV kündigte sie an, dass Schottland „offen für den Handel“ sein würde.
Sturgeon hat einigen Spielraum. Ein Grund, warum es der SNP möglich war, sich nach links zu bewegen ist, weil es (nicht wie in Katalonien) keine große die Unabhängigkeit unterstützende Bourgeoisie gibt, die Druck ausübt: es gibt keine heimische schottische Oberschicht mit Kapital beliebiger Größe. Das meiste Großvermögen in Schottland ist in externem/ausländischem Besitz und ist zutiefst gegen eine schottische Unabhängigkeit. Trotzdem waren sie und der Rest der SNP-Führung vollkommen ehrlich, ihre aktuelle Position als moderat sozialdemokratisch zu definieren: Tatsächlich befindet sie sich am extrem linken Rand der sozial-neoliberalen Spektrums.
Nur weil die Politik in den letzten 40 Jahren so weit nach rechts gerückt ist, könnte die SNP irrtümlicherweise als Partei der radikalen Linken gehalten werden. Sie bleibt pro-Monarchie, pro-NATO und pro-Sterling. Im schottischen Parlament selbst, wo sie seit acht Jahren an der Macht ist, hat die SNP politische Inhalte verwirklicht, die mit einer sozialistischen Agenda kollidieren; von Kürzungen im Hochschulwesen (College), Bewaffnung der Polizei, bis zur Kriminalisierung eines sektiererischen Zur Schau Stellen irischen Nationalismus bei Fußballspielen.
Vor allem hat sie Kürzungen bei der Bereitstellung von Dienstleistungen auf Gemeindeebene nicht widerstehen können, rhetorisch dagegen schon. Eine von der SNP angeführte Unabhängigkeitsbewegung wird gezwungen sein, dieses Vermächtnis zu verteidigen. Das schwächt nicht nur die Unabhängigkeitssache, sondern setzt auch ein schlechtes Beispiel dafür, Schottland nach der Unabhängigkeit zu regieren.
Aus diesem Grunde besteht ein Widerspruch im Herzen der SNP. Ihre neuen Mitglieder glauben, sie sei erheblich weiter links, als sie es in Wirklichkeit ist. Dies hat bereits begonnen, sich auf das Innenleben der Parteiflügel auszuwirken, und könnte durchaus Ausdruck in Anträgen für den nationalen Parteitag in diesem Jahr finden
Sobald jene neuen Mitglieder herausfinden, wie engmaschig die Partei genau kontrolliert wird (Das Mai-2016-Manifesto für die Schottischen Parlamentswahlen wird von Sturgeon und ihrem Abgeordneten John Swinney verfasst werden) und wie weit sie bereit sein wird, mit dem Kapital Kompromisse auszuhandeln; dann werden zumindest einige merken, dass es doch nicht die Organisation ist, die sie sich vorgestellt hatten. Nur gibt es eine Alternative?
Wie zuvor beschrieben, ist die Versuchung mit dem Strom der SNP-Welle mitzugehen, sehr groß. Warum soll man versuchen eine politische Alternative zu gründen, wenn sie schon so viel Macht besitzt? Es wäre sicher keine Alternative, wenn es einfach nur einen weiteren Versuch gäbe „die“ Partei zu gründen aus Wenigen. Wir sind jedoch Zeugen einer der größten Massenbewegungen in der Geschichte Schottlands geworden. Deren Energie wurde noch nicht vollständig von der SNP absorbiert und deren neue Mitgliedschaft und Unterstützung sind noch immer sehr vorbehaltlich zu sehen.
Die Verantwortung der Sozialisten ist somit sehr groß. Wenn die SNP einer Opposition von links gegenüber steht – was realistischer scheint als eine rassistische, xenophobe Rechte – wird Zweckeinheit und Organisation vonnöten sein. Das „Scottish Left Project“, das aus überparteilichen Aktivisten in der RIC entstand, strebt an diese Einheit zu schaffen; die „Scottish Socialist Party“ hat bereits zugestimmt Teil einer zum allerersten Mal so existierenden gemeinsamen Allianz bei den Parlamentswahlen im Mai zu sein.
Es ist nur verständlich, dass sogar Menschen mit kritischem Geiste angesichts des Ungetüms SNP ihre Zweifel haben, dass eine glaubwürdige linke Alternative zur SNP und zur Labour aufgebaut werden kann. Die bisherigen Leistungen der Linken geben kaum Anlass für Zuversicht. Dennoch zeigt der aktuelle Erfolg der RIC Anzeichen einer neuen Reife in der schottischen Linken – eine Erkenntnis auch, dass Einheit und Mut sich an die Arbeiterschaft zu wenden, den großen Unterschied machen. Außerdem würde man nicht als unbeschriebenes Blatt starten, sondern aufbauend auf einer der größten Bürgerbewegungen der letzten Jahrzehnte. Das sind ähnliche Umstände, die auch zur Entstehung von „Podemos“ in Spanien geführt haben.
Auch wenn das neue Gebilde versuchen wird, Sitze bei den Parlamentswahlen im Mai zu gewinnen und zusammen mit den Grünen Teil einer linken Opposition zur SNP zu werden, kann die Bewegung nicht einzig und zuallererst auf Stimmenfang fokussiert sein. Es muss ein organisiertes Projekt sein, das sich mit der Mehrheit der schottischen Bevölkerung, der Arbeiterschaft, einzulassen anstrebt. Dabei soll es einige der Lehren der „Yes-Kampagne“ anwenden, vor allem die, dass es wichtig ist dort zu den Menschen zu gehen, wo sie leben, aber noch wichtiger dahinzugehen, wo sie arbeiten.
Der Zusammenbruch der Labour-Partei in Schottland wäre für die Linke katastrophal gewesen, falls die Ursache ein rechter Aufstieg gewesen wäre, wie es in England der Fall gewesen ist, wo die „UK-Independence-Party“ Zustimmung erhielt. Das bedeutet, die radikale Linke hat eine echte Möglichkeit eine starke Formation für eine neue Politik zu bilden. Die Vereinigung zum Scottish Left Projekt scheint die Basis dieser neuen Formation zu werden, inzwischen beginnen auch immer mehr Organisationen sich ihr anzuschließen.
Ein Artikel von Neil Davidson für den Socialist worker, übersetzt aus dem Englischen von Martin Dudenhöffer, BA in Politikwissenschaften und Hispanistik an der Uni Mannheim.