Die einen rufen nach bedingungsloser Solidarität mit der griechischen Regierung, die anderen schreien von unverzeihlichem Verrat. Doch so einfach ist die Geschichte nicht. Vor allem nicht dann, wenn die zentnerschwere Moralkeule geschwungen wird, um jede Kritik verstummen zu lassen. Kritik ist niemals zu verbieten, auch nicht gegenüber Syriza und ihrer Strategie – Solidarität muss der Bewegung gelten, nicht der Memorandumspolitik.
Das neue Abkommen zwischen der EU und Griechenland ist kein Verrat an der Bewegung per se, sondern die logische Folge der Politik der Syriza-Führung seit ihrem Amtsantritt Anfang des Jahres. Das neue Memorandum widerspricht jedoch den Zielen der sozialen Proteste und des historischen Neins: Es ist nichts als eine Neuauflage der Sparpolitik! Die Linke Plattform Syrizas hat diesen Kurs zu Recht kritisiert und es kann nicht sein, das wir ihre Stimme außerhalb Griechenlands aus moralischen Gründen diskreditieren. Auch in Deutschland darf man Kritik an der Strategie der Syriza-Führung üben, gerade weil es eben keine auf ein Land begrenzte Lösung für „das Problem“ Kapitalismus gibt.
„Agreekment“
Zwischen den Regierungschefs der Eurozone existiert ein „Agreekment“. Ohne eine direkte Kontrolle aller Reformen durch die Institutionen (EZB, IWF und EU-Kommission) und die Zustimmung des griechischen Parlaments wird es kein Ja zu neuen Krediten geben; also – keine Hilfe ohne Abgabe der Souveränität. Die EU scheint alles auf eine Karte zu setzen und ein Exempel statuieren zu wollen. Und die Führungsclique um Alexis Tsipras trägt diesen Kurs mit und stellt sich damit gegen alles, wofür sie im Januar angetreten war. Stathis Kouvelakis, Mitglied des Zentralkomitees von Syriza und der Linken Plattform, beschreibt Griechenland zurecht als „neuen Metallkäfig der extremen Austerität.“ Syriza war jahrelang Ausdruck der Unzufriedenheit von Griechinnen und Griechen mit der Memorandumspolitik (Sparpakete der EU). Als solcher agierte die Partei als Katalysator für die sozialen Bewegungen, agierte mit der Bewegung und nicht gegen sie. Dutzende Generalstreiks, ein historisches Oxi (Nein) und eine Kundgebung auf dem Syntagma mit 150.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern später ist sie jedoch der Strategie des Reformismus in die Falle gegangen. „Jeder Schritt wirklicher Bewegung ist wichtiger als ein Dutzend Programme,“ schrieb Karl Marx in seiner Kritik am Gothaer Programm der SPD vor über 120 Jahren. Die Bewegung in Griechenland kritisiert somit zu Recht das Vorgehen der Regierung und in Umfragen lehnen bis zu 80 Prozent der Griechinnen und Griechen das neue Paket ab.
Solidarität, aber mit wem?
Was passiert, wenn die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes über den vorgeschlagenen 24-stündigen Generalstreik abstimmt und die Mitglieder im Führungsgremium – zwei Antarsya, zwei KKE, vier Syriza, vier Pasok, zwei ehemalige Pasok und 3/4 Nea Dimokratia – dafür stimmen? Schließlich sind alle Syriza-Mitglieder im Gremium Teil der Linken Plattform, mit Antarsya und KKE sind es damit 8 Personen. „Mit wem sind wir dann solidarisch, wenn sie dafür aus der eigenen Partei Repression zu erwarten haben?“*
Es geht hierbei nicht um „Besserwissertum“ oder darum, aus Griechenland ein isoliertes „sozialistisches Eiland“ zu schaffen, wie Thomas Seibert im Neuen Deutschland behauptet. Es geht darum, offen und vorbehaltlos über die Strategien der Linken in Griechenland zu diskutieren. „Und es wird wohl recht bald darum gehen, sich einer falschen Loyalitätsdefinition zu verweigern. Ich finde jedenfalls, dass wir die zu erwartende Disziplinierung und Repression gegen die Dissidenten und Nein-Sager nicht mitmachen sollten. Denn sie sind wohl am ehesten diejenigen, die aus dem Ende den Anfang von etwas Neuem machen können.“*
Der Kampf vor Ort und das Verhältnis zur EU
Wir müssen auf die Straße und der gleiche Katalysator für Deutschland werden, der Syriza für Griechenland war. Ihr alle, die ihr zu Recht die EU und den Euro als neoliberales und kapitalistisches Konstrukt bezeichnet und den Hashtag #thisisacoup nutzt, um die menschenverachtende Politik der Troika gegenüber Griechenland zu charakterisieren, aber auch alle, die ihr mit der aktuellen Welt unzufrieden seid: Raus auf die Straße und auf in die politische Aktion! Die Hauptverantwortlichen für das deutsche Europa sitzen unter anderem hier in Deutschland, in Berlin und Bonn, in den 16 Landeshauptstädten, den Aufsichtsräten der Unternehmen… und sie verstecken sich hinter einem Berg aus Geld. Es gibt genug Schlachtfelder auf denen wir kämpfen können: Deutschland hat 2015 das Streiken wiederentdeckt – gegen das Tarifeinheitsgesetz, gegen Niedriglohn und Arbeitszeitverdichtung, für eine Reichensteuer und gegen die allgegenwärtige, alles erstickende Profitgier.
Vor allem die Linkspartei muss nun als prominentester Akteur linksseits der Sozialdemokratie eine Debatte anstoßen. Und – sie muss über ihre Haltung zum derzeitigen EUropa diskutieren. Solidarisch und ohne Hintergedanken. Es ist eine Debatte, die einen Großteil der Positionen der Linkspartei (und vielleicht der gesamten Linken) in Frage stellen könnte: Ihr Verhältnis zu EUropa, die Rolle der Sozialdemokratie in EUropa und Deutschland und das Beispiel Syriza als Katalysator für Klassenkämpfe. Wobei Letzteres vorerst eher ein persönlicher Wunschtraum sein dürfte als realistischer Diskussionsstoff.
*Luigi Wolf, promoviert zum Thema gewerkschaftlicher Erneuerung.
Eine Antwort
Wie abscheulich diese Eurogruppe wirklich ist:
http://vineyardsaker.de/analyse/unsere-schlacht-griechenland-zu-retten-interview-mit-varoufakis/
Leserzuschrift: GR bereits in der Insolvenzabwicklung:
Grund meines Schreibens : ich sehe das auch viele HG´ler die Lage gerade nicht verstehen / enttäuscht sind über das vermeintliche „weiterso“. Privat bekomme ich ähnliches zu hören / lesen .Nichts könnte aber weiter weg von der Wahrheit sein diese vermeintliche Einigung ist trügerischer als alles je dagewesene! Sie und Ich wissen das natürlich.
Darum anbei wichtige Fakten / Zusammenhänge die Sie unbedingt bitte nochmal genau und verstärkt in den nächsten Wochen auf HG erklären müssen,
folgendes spielt sich nun ab ( Drehbuch ) :
Fakt 1.) das was jetzt abläuft ist die Insolvenzabwicklung !!! ( ob nun nur von den Handlern geplant oder mit Teilwissen der Funktionselite, ich denke sogar ja; so machen die VE die FE nämlich gefügig/ erpresst ;sie: man sagt denen jetzt Leute wenn ihr für euer Volk noch was retour wollt gehts nur noch mit Sachwerten an die kommt ihr aber nur noch über einen letzten Deal mit GR;das Papier ist verbrannt schließt diesen letzten Fakedeal ab und sichert euch zumindest noch etwas vom Kuchen retour oder verliert ALLES und erklärt das dann daheim eurem Volk ).
Warum ist das so !? :
Fakt 2.)Die wissen das es keine Rettung mehr gibt für das System. Denn das Volk hat jegliches Vertrauen in die Wirtschaft, Währung und die Regierung verloren . Wenn die Banken also wieder aufsperren und das müssen sie egal ob nun diese nächste oder übernächste Woche ( vor oder nach einem „Rettungspaket“) , kommt es zu einem Bankrun . Alles was dann von „oben“ geplant wurde / wird ist dann bedeutungslos/hinfällig und das neue Rettungspaket verdampft binnen Sekunden im Bankrun, gegen das Volk stemmt sich niemand auf dauern, die werden jetzt alles abräumen jeder würde das tun und es kommt so . Ob das die Funktionseliten nun wissen ( ich denke sogar ja ) ist unwichtig, die Handler wissen es und wie sie WE immer sagen die managen die Krise so das Ihre Assets nicht beschädigt werden oder zumindest nur minimal.
Fakt 3.) Darum und nur darum gibt es jetzt diese Treuhandgesetze ( das Tafelsilber / Tafelgold !!! ) Die Geldgeber ( und V.E. wollen noch zumindest eine Teilschuld zurück die nehmen sie natürlich in Sachwerten WIE IMMER ) während sie die Papierschuld den Schlafsmichels ganz Europas verpfänden !
Das sind die Gründe für diesen letzten Aufschub ! Würde man gleich den Grexit verkünden oder die Drachme wären diese Werte nicht oder nur sehr bedingt erreichbar . Im speziellen das Gold / Silber braucht das Kartell ( wie sie wissen das muss ich nicht weiter erklären denke ich) aber noch und muss es zwingend einziehen, gerade das hätte man aber nie bekommen wenn der Grexit offen stattgefunden hätte darum läuft alles unter dem Deckmantel eines dritten Rettungspakets bei dem sich die Gläubiger und die Sachwerte als Pfand unter den Nagel reißen.
Fakt 4.) Warum fällt Tsipras jetzt um / macht das mit fragen auch viele ?! Nah weil WE eben recht hat er ist auch nur gehandelt und tut was dem Systemabruchtheater dienlich ist ! Das ist ja der rauchende Colt ( ein schöner Beweis für genau diese These ). Das Volk versetzt man damit in eine finale Phase der völligen Politikverdrossenheit ( trotz Votum und linker Regierung) wird man nun auch und gerade von dieser Regierung verraten, dieser Teil den Drehbuchs soll den Bankrun befeuern wenn die Banken wieder öffnen ! Es soll jeder Mensch in GR egal welche Politische Ausrichtung er hat das System als gescheitert anerkennen darum musste man Syriza ebenfalls diskreditieren …