Die am Mittwoch vom Internationalen Strafgerichtshof erlassenen Haftbefehle gegen Israels Premier Netanyahu und den ehemaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant, sowie Mohammed Deif (Hamas) haben weltweit Diskussionen darüber ausgelöst, ob die Staaten das Recht umsetzen. Während Länder wie die Niederlande, Frankreich, Kanada oder Spanien erklärten, dass sie sich selbstverständlich an internationales Recht halten, zweifelt die Bundesregierung daran, obwohl sie gesetzlich dazu verpflichtet ist.
Alle Unterzeichnerstaaten des Römischen Statuts, das die Arbeitsgrundlage des Internationalen Strafgerichtshofs darstellt, sind rechtlich an die Vorgaben des Gerichts gebunden. Deutschland hat die Verpflichtung zur Umsetzung der Vorgaben auch in die eigenen Gesetze aufgenommen, weshalb gesetzlich kein Zweifel daran besteht, dass Deutschland Netanyahu wegen der vorgeworfenen Kriegsverbrechen in Gaza verhaften müsste. Trotzdem ließ Regierungssprecher Steffen Hebestreit Zweifel erkennen, dass Deutschland sich an das eigene sowie das internationale Recht halten wird: „Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, dass wir auf dieser Grundlage Verhaftungen durchführen.“
Mit seiner Positionierung zweifelt Hebestreit die Gültigkeit des internationalen sowie des nationalen Rechts an, wenn es um Israel geht. Diese Haltung steht nicht nur im Widerspruch zu internationalen Verpflichtungen, sondern auch zu Deutschlands Positionierung, wenn es um andere Haftbefehle des IStGH geht. So erklärte der ehemalige Justizminister Marco Buschmann (FDP) zum Haftbefehl gegen Putin: „Deutschland ist dann verpflichtet, Präsident Putin, wenn er deutsches Territorium betritt, zu inhaftieren und an den IStGH zu übergeben.“
Doppelstands bei Israel
Die Bundesregierung offenbart damit wieder einmal ihre Doppelstandards, wenn es um Israel geht. Diese zeichnen sich seit dem vergangenen Jahr immer deutlicher ab. So sendet Deutschland weiterhin Waffen an Israel, obwohl die israelischen Kriegsverbrechen in Gaza von zahlreichen renommierten NGOs sowie von Medizinerinnen und Medizinern dokumentiert sind. Dass nun auch noch nationales sowie internationales Recht angezweifelt wird, wenn es um Israel geht, verdeutlicht, dass die Bundesregierung ein Rechtsverständnis an den Tag legt, welches keine Gleichheit vor dem Recht vorsieht, sondern zwischen Verbündeten und Gegnern unterscheidet.
Wie eine universelle Umsetzung des Rechts aussehen könnte, zeigt die niederländische Regierung. Der niederländische Außenminister Caspar Veldkamp erklärte: „Natürlich vollstrecken wir einen solchen Haftbefehl. Dazu sind wir verpflichtet.“ Darüber hinaus planen die Niederlande, wie auch andere europäische Regierungen, die Kontakte zu Netanyahu zu reduzieren. Die Niederlande, Spanien und Irland stehen damit im starken Gegensatz zur deutschen Positionierung, die innerhalb der EU sonst nur von Österreich und Ungarn geteilt wird.