Beim Militarismus gab es nie eine „Brandmauer“ zu AfD

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Während öffentlich über die Abgrenzung zur AfD gestritten wird, zeigt sich in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik ein anderes Bild: Beim Hochrüsten ziehen Regierung, Union und AfD an einem Strang. Die neue deutsche Brigade in Litauen ist nur ein weiteres Beispiel für den militaristischen Schulterschluss im Bundestag.

Wie brüchig die vermeintliche „Brandmauer“ zur in Teilen faschistischen AfD ist, zeigt ein Blick auf die Verteidigungs- und Sicherheitspolitik: Geht es um die Aufrüstung Deutschlands, sind sich die Parteien weitgehend einig. Die AfD, mit ihren zahlreichen Militärs und Rüstungslobbyisten unter ihren Mandatsträgern, stimmte in der ausgehenden Legislatur zahlreichen Aufrüstungsprojekten der Regierungsparteien zu. Bei Auslandseinsätzen wie der Mission ASPIDES zur Sicherung des Waren- und Handelsflusses im Roten Meer erhielten Grüne, SPD und FDP ebenfalls die Zustimmung der AfD.

Dass die Unterschiede zwischen einer zutiefst militaristischen Partei wie der AfD und den etablierten Parteien in puncto Aufrüstung und Bundeswehr gering sind, liegt am bellizistischen Konsens der Regierenden und den größten Oppositionspartien. Selten hat eine Bundesregierung in ihrer Amtszeit die Verzahnung von innerer und äußerer Sicherheit so forciert wie die Ampel. Mit der im Koalitionsvertrag 2021 angekündigten Nationalen Sicherheitsstrategie wurde bereits vor dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und der folgenden „Zeitenwende“-Politik unter Scholz einer strategischen Neuausrichtung der Weg bereitet, nach der Bereiche der militärischen und inneren Sicherheit wesentlich stärker in zivile Lebensbereiche hineindringen sollen.

Unter dem Schlagwort der „integrierten Sicherheit“ sollen sicherheitspolitische Entscheidungen künftig auch in Unternehmen, Kommunen und Universitäten getroffen werden. Gesundheitsminister Lauterbach (SPD) will das Gesundheitswesen für Kriege rüsten, und die ehemalige Bildungsministerin Stark-Watzinger wollte das Schulsystem auf den Kriegsfall einstellen. Parallel dazu wird die Außenpolitik zunehmend darauf ausgerichtet, Sicherheit in erster Linie im Hinblick auf die Waren und den Handel mit ihnen zu gewährleisten. Bei der Auftaktveranstaltung zur Nationalen Sicherheitsstrategie sagte Außenministerin Baerbock (Grüne): „Eine wertegeleitete Außenpolitik bedeutet, gleichzeitig Werte und Interessen – auch wirtschaftliche Interessen zu verteidigen.“ Eine Position, die auch von den bisherigen Oppositionsparteien Union und AfD geteilt wird.

Dass die „Brandmauer“ nicht existiert, wurde erneut deutlich, als am Freitag, 31. Januar, das „Artikelgesetz Zeitenwende“ mit den Stimmen von AfD, CDU und Restampel verabschiedet wurde. Der Tag also, an dem die Union unter Friedrich Merz das Zuwanderungsbegrenzungsgesetz zur Abstimmung stellte – und auch bei diesem Gesetz die Zustimmung der AfD einpreiste. Die Tragweite des „Artikelgesetzes Zeitenwende“ ging in der medialen Berichterstattung und den Demonstrationen für den Erhalt der vermeintlichen „Brandmauer“ völlig unter. Das Gesetz zielt darauf ab, die Bundeswehr für die „Landes- und Bündnisverteidigung“, insbesondere als vermeintliche Folge des Ukraine-Kriegs, hochzurüsten. Mit dem Gesetz soll die personelle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr erhöht werden, um die Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit Deutschlands und der NATO sicherzustellen. Dies geschieht insbesondere vor dem Hintergrund der Aufstellung der Brigade Litauen, für die das Gesetz die Grundlage bildet. Für Verteidigungsminister Pistorius (SPD) ist das Gesetz der „größte Quantensprung, den wir jemals hatten“, die Stationierung als solche sogar das „Leuchtturmprojekt der Zeitenwende“.

Konkret geht es um die dauerhafte Stationierung von 5.000 Bundeswehr-Angehörigen samt Familien, für die eigens eine deutsche Garnisonsstadt in Litauen errichtet werden soll. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Verstärkung der Truppen- und Materialpräsenz an der NATO-Ostflanke zu einer weiteren Verschärfung der Konfrontation mit Russland beiträgt. Die Stationierung stellt eine neue Form der Aufrüstungspolitik der NATO in Osteuropa dar, nicht nur quantitativ durch die Personalstärke, sondern auch qualitativ durch die Verlegung schwerer Waffensysteme. Auch Litauen nutzt den Krieg in der Ukraine für eine massive Aufrüstung der eigenen Streitkräfte und befindet sich derzeit in Gesprächen mit dem Münchner Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann über die Beschaffung von Leopard-2-Kampfpanzern. 44 Stück davon sollen explizit für die litauische Brigade bereitgestellt werden. Litauen hat inzwischen angekündigt, sich an der Struktur des deutschen Panzerbataillons zu orientieren und ebenfalls Leopard-2-A8 zu bestellen. Bis 2030 sollen Litauen und Deutschland zusammen 94 Leopard-Kampfpanzer an der neuralgischen Suwalki-Lücke – der geostrategisch bedeutenden Verbindungslinie von Belarus entlang der Grenze der NATO-Staaten Litauen und Polen zur russischen Exklave Kaliningrad – stationieren.

Die Bundeswehr ist derzeit mit 800 Soldatinnen und Soldaten im Rahmen der 2016 aufgestellten Enhanced Forward Presence Battle Groups (EFP-BG) an der NATO-Nordostflanke im Einsatz. Auch das aus der NATO-Russland-Grundakte resultierende rotierende Truppenkonzept scheint mit der dauerhaften Stationierung obsolet. Dass es bei der geplanten Indienststellung der Brigade Litauen keineswegs nur um das von der Bundesregierung propagierte Abschreckungskonzept geht, sondern um die Bereitstellung einer „kriegsfähigen Brigade“, wird von Brigadegeneral Christoph Huber inzwischen offen propagiert. Auch Verteidigungsminister Pistorius spricht von einer „kriegstüchtigen Brigade“, die „Führungsverantwortung im Bündnis hier an der NATO-Ostflanke“ übernehme.

Dass sich Deutschland mit der dauerhaften Brigade in Litauen einer erhöhten Gefahr aussetzt, in einen Krieg mit Russland verwickelt zu werden, scheint fernab von sicherheitspolitischen Kreisen wenig diskutiert zu werden. Die medial aufgebauschte Empörung über das vermeintliche Einreißen der „Brandmauer“ zur AfD durch die Union verschleiert die Tatsache, dass beim Thema Militarismus und Hochrüstung im deutschen Parlament im Wesentlichen Konsens herrscht. Antimilitaristische und friedenspolitische Initiativen sollten daher trotz der Verabschiedung des „Artikelgesetzes Zeitenwende“ nicht nachgeben, klaren Widerspruch zur deutschen Hochrüstung im Baltikum zu formulieren.

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2 Antworten

  1. In meinen jungen Jahren wurde ich als „Kriegsdienstverweigerer“ sechs Wochen bei der Bundeswehr schikaniert, bevor ich mich abseilen konnte. Trotzdem hier ein positives Wort zur Verteidigungsfähigkeit.

    1) Ich sehe keine andere Möglichkeit, die Selbständigkeit von Staaten zu erhalten, als die Verteidigungsfähigkeit. Dabei mache ich einen großen Unterschied zwischen angreifenden Truppen, wie in der Ukraine die russischen Soldaten, und der Landesverteidigung, wie in der Ukraine die eigenen Truppen.
    2) Die Bundeswehr muss in einem europäischen Verteidigungsbündnis in der Lage sein, russischen Angriffen standzuhalten.
    3) Die Unterstützung der Ukraine ist auch ein Schutz für die Staaten in der zweiten und dritten Reihe, zu denen wir gehören.

    Joachim Datko – Ingenieur, Physiker – Regensburg – AfD-Stammwähler

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