Das von der Schäuble-EU erzwungene Memorandum bedeutet eine dramatische Verschlechterung – Im Gespräch mit Pedram Shayar

Foto: Pedram Shahyar

Vor wenigen Tagen wurde im griechischen Parlament das erste Memorandumsgesetzt durchgestimmt, welches von der Regierung selbst abgelehnt wird. Wir haben mit Pedram Shayar, der vor wenigen Tagen nach Griechenland gereist ist, über die Situation vor Ort und die Folgen des Spardiktats geredet.

Die Freiheitsliebe: Du bist momentan in Griechenland, was war der Auslöser der Reise?

Pedram Shayar: Ich bin nach Griechenland, weil die politische Prozesse hier entscheidend sind für die Zukunft Europas. Hier gibt es eine große Hoffnung, dass der kapitalistische und autoritäre Kurs der EU-Eliten gebrochen wird. Auf der anderen Seite haben wir erlebt wie brutal diese Eliten, angeführt von Deutschland und Wolfgang Schäuble gegen diese Hoffnung Vorgehen. Es gab quasi ein Staatsstreich in Griechenland. Die Regierung hat erstmal kapituliert, aber es ist völlig offen, wie es weiter geht. Ich bin hergekommen um den Konflikt aus der Nähe zu sehen und besser zu verstehen. Wir sind aber auch hier, weil über kenfm eine crowdfunding-aktion für konkrete Solidarität mit der griechischen Bevölkerung gestartet wurde, wir sammeln Geld für Medikamente.

Die Freiheitsliebe: Ihr überbringt auch Spenden für Medikamentennofallhilfe, ist die Situation so schlimm, dass es sogar an Medikamenten mangelt?

Pedram Shayar: Es gibt eine dramatische Krise der Gesundheitsversorgung seit dem Ausbruch der Krise. Es mangelt an allem, und viele Menschen haben keine Krankenversicherung mehr. Dazu kommen die unzähligen Flüchtlinge, die hier ohne Papiere leben. Man schätzt das mindestens 4000 Menschen wegen fehlender medizinischer Versorgung gestorben sind.
KenFm hat mit einem Aufruf für Medikamentennothilfe in 5 Tagen 50.000 Euro gesammelt. Das zeigt wieviele Menschen aktiv solidarisch sind. Wir haben das Krankenhaus Elpis besucht, das wir unterstützen wollen, weil die seit Jahren hier jeden versorgen, mit oder ohne Versicherung, mit oder ohne Papieren. Wir haben die Möglichkeiten sondiert, wie das Geld am besten hier ankommt und schauen uns nach weiteren Organisationen um, die wir unterstützen können.

Die Freiheitsliebe: Wie sehen die anderen Bereiche des öffentlichen Sektros aus, liegen sie ebenfalls am Boden?

Pedram Shayar: Es mangelt eigentlich an allem hier. Bis vor einigen Tagen waren die Banken geschlossen, Deutschland und EZB hatten das als Reaktion auf die Befragung der Bevölkerung durchgesetzt, man bekam kein Geld, und heute kann man höchstens 50 oder 60 Euro am Tag abheben. Die öffentliche Daseinsversorgung wurde massiv privatisiert und zusammen gespart. Aber Griechenland ist nicht nur ein Land der Not, es ist auch das Land des Widerstandes. Menschen wehren sich und helfen sich aktiv und solidarisch wo sie können.

Die Freiheitsliebe: Wird das aktuelle Memorandum die Situation für die Menschen verbessern?

Pedram Shayar: Das von Schäuble-EU erzwungenes Memorandum bedeutet eine dramatische Verschlechterung der sozialen Lage. Dabei wird die ökonomische Krise nicht mal ein bischen gemildert, sondern nur verschlimmert. Soziale Kürzungen gehen einer mit dem Ausverkauf des öffentlichen Eigentums, das letzte was dem Staat hier noch bischen Geld einbringt, einher. Diese sollen im Eilestempo an internationalen Investoren verscherbelt werden.

Die Freiheitsliebe: Welche Möglichkeiten hätten wir gehabt um die agressive deutsche Außenpolitik abzuschwächen?

Pedram Shayar: Wir müssen Schäuble stoppen. Dafür müssen wir der Bevölkerung klar machen, dass nicht ihr Geld nach Griechenland geht. Das sind Schuldpapiere, die an Griechenland weitergereicht werden, damit sie wieder an die Banken fließen. In diesem Kreislauf wird das Soziale in Griechenland zerstört und das Land zu einer Schuldenkolonie ohne demokratische Souveränität.
Und wir müssen besser und stärker erklären, dass all das was hier passiert, auch in den Norden kommen wird. Als nächstes wird Spanien dran sein, dann irgendwann Frankreich und dann auch Deutschland. In Schäubles EU wird der Sozialstaat massakriert. Das wird bald auch die armen Schichten in Deutschland treffen.

Die Freiheitsliebe: Danke dir für das Interview

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