Die in deutschem Besitz befindliche MS Kathrin hat internationales Aufsehen erregt, weil sie tonnenweise für Israel bestimmten Sprengstoff transportiert. Nachdem ihr von mehreren Ländern die Einreise verweigert und auf Druck von Menschenrechtsorganisationen die portugiesische Flagge entzogen wurde, ist das Schiff nun unter deutscher Flagge registriert. Dies ist nur das jüngste Beispiel für die wachsende Komplizenschaft der deutschen Regierung mit Israels Völkermord am palästinensischen Volk, schließt Juliana Rivas.
In den letzten Wochen gab es eine interessante Entwicklung bezüglich der Bewegungen und Anfragen zu einem deutschen Frachtschiff namens MV Kathrin. Das Schiff gehört der Lubeca Marine Germany, einem deutschen Unternehmen mit Sitz in Lübeck, und wird von Africa Global Logistics, einem in Frankreich ansässigen Unternehmen für Seetransport und Logistik, verwaltet. Diese Firma gehört zur Mediterranean Shipping Company (MSC Group), die ihren Hauptsitz in der Schweiz hat.
Im Juli wurde das Schiff in der vietnamesischen Stadt Haiphong mit acht Containern des Sprengstoffs Royal Demolition Explosive (RDX) beladen, die für Israel bestimmt waren. Die beiden Länder unterhalten seit 1993 diplomatische Beziehungen, und in den letzten zehn Jahren haben sie ihre Zusammenarbeit, insbesondere in den Bereichen Handel und Militär, intensiviert: Vietnam hat Waffensysteme aus dem Nahen Osten gekauft, und vor zehn Jahren eröffnete Israel ein Verteidigungsattaché-Büro in Vietnam. Kürzlich, im Juli 2023, unterzeichneten sie ein Freihandelsabkommen.
Die Ladung der Kathrin, auch bekannt als Hexogen, ist ein hoch explosiver künstlicher weißer Sprengstoff, der Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland erfunden und erstmals im Zweiten Weltkrieg eingesetzt wurde. Er wird hauptsächlich für militärische Zwecke bei der Herstellung verschiedener Bombenarten, Munition, Raketen und Zündvorrichtungen verwendet und gilt als stärker als TNT.
Anfang Oktober gab die slowenische Schifffahrtsbehörde bekannt, dass die Ladung im slowenischen Hafen von Koper entladen werden soll, von wo aus sie wahrscheinlich nach Israel transportiert wird, vermutlich zur Verwendung im laufenden Völkermord in Gaza und anderen israelischen Kriegseinsätzen in der Region. Das Schiff transportiert auch sechzig Container mit TNT, aber es gibt keine konkreten Informationen über deren Bestimmungsort, außer dass die slowenische Schifffahrtsbehörde angab, dass die Fracht auch für Polen, die Tschechische Republik und die Slowakei bestimmt ist.
Elbit Systems, Israels größter Waffenhersteller, wäre der endgültige Empfänger der RDX-Ladung. Dieses Rüstungsunternehmen ist einer der weltweit größten Verbraucher von RDX, das es zur Herstellung von Waffen verwendet. Laut einer Quelle in der israelischen Zeitung Haaretz gibt es derzeit einen globalen Mangel an diesem und anderen Rohstoffen, die zur Herstellung von Bombensprengstoffen verwendet werden.
Auf Grundlage dieser Informationen wurde eine weltweite Kampagne unter der Leitung der BDS-Bewegung und mit Unterstützung verschiedener Menschenrechtsorganisationen gestartet, die alle Staaten, in denen das Schiff anlegen sollte, dazu aufrief, ihm die Einfahrt zu verweigern. Begründet wurde dies damit, dass es einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellen würde, wenn die Ladung zur Begehung von Völkermord verwendet würde, und dass dies zu einer Mitschuld an Völkermord führen könnte.
Nachdem die Kathrin in Vietnam beladen worden war, legte sie in Singapur einen Tankstopp ein und begann ihre Reise über den Indischen Ozean zur Pazifikküste Afrikas. Sie beantragte die Erlaubnis, in namibischen Häfen anzulegen, aber nach einer Untersuchung durch die namibischen Polizeibehörden und der Bestätigung des Schiffs über die transportierte Fracht verweigerte die namibische Regierung dem Schiff die Erlaubnis, anzulegen.
Als nächstes sollte die Kathrin in einem angolanischen Hafen anlegen. Ende August war die internationale Kampagne jedoch exponentiell gewachsen, und selbst die UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Gebiete, Francesca Albanese, lobte die Entscheidung Namibias, den Zugang zu verweigern, und erinnerte die internationale Gemeinschaft daran, dass „jede militärische Lieferung an Israel, das nach Feststellung des Internationalen Gerichtshofs möglicherweise Völkermord begeht, einen Verstoß gegen die Völkermordkonvention darstellt“. Sie äußerte auch ihre Besorgnis über Portugal, das dem Schiff zu diesem Zeitpunkt seine Flagge verliehen und ihm die Fahrt in internationalen Gewässern ermöglicht hatte, was ebenfalls eine klare Verletzung des Völkerrechts darstellen könnte. Letztlich wurde dem Schiff auch in Angola das Anlegen verweigert, woraufhin es seine Reise in Richtung Mittelmeer fortsetzte.
In Portugal waren Solidaritätsbewegungen empört und protestierten, forderten von ihrer Regierung, die portugiesische Flagge des Schiffs abzunehmen und sich nicht am Völkermord mitschuldig zu machen. Anfangs machte der portugiesische Außenminister Paulo Rangel nicht nur falsche Angaben über die Ladung des Schiffs, sondern stiftete auch Verwirrung und verbreitete Fehlinformationen über das Ziel. Er erklärte, das Schiff „führe keine Waffen, keine Munition, kein Kriegsmaterial, obwohl es Sprengstoffe an Bord habe“, und dass sein Ziel Montenegro und Slowenien sei. Obwohl das Ziel des Schiffs korrekt ist, ist die endgültige Destination der Ladung Israel, wie durch die Einfuhrlizenz dokumentiert ist, die vom israelischen Wirtschaftsminister für die Einfuhr von RDX durch Israel Military Industries (IMI) ausgestellt wurde, die 2018 von Elbit Systems übernommen wurde. Dies geht aus einem Dokument hervor, das Alexandra Lucas Coelho, eine in Portugal ansässige Journalistin und Schriftstellerin, erhielt.
Doch was bedeutet es, wenn ein Schiff eine Nationalflagge führt, und welche Auswirkungen hat das auf seine Bewegungen? Jedes Schiff, das in internationalen Gewässern fahren soll, muss eine Nationalflagge führen und darf nur eine Flagge tragen. Das internationale Recht schreibt vor, dass dies durch die Registrierung bei diesem Staat erfolgen muss, was ein administrativer Prozess ist, der im Ermessen jedes Landes liegt. Standardisierte internationale Vorgehensweisen dafür gibt es nicht. Grundsätzlich bringt das Führen einer Flagge erhebliche Verpflichtungen gegenüber diesem Staat mit sich, was bedeutet, dass das Schiff die Gesetze und Vorschriften dieses Staates befolgen und unter ihnen operieren muss. Dies bedeutet auch, dass die Verantwortung für alle Handlungen im Zusammenhang mit dem Schiff und seiner Besatzung beim Flaggenstaat liegt, der verpflichtet ist, nicht nur seine eigenen Gesetze, sondern auch internationale Vorschriften durchzusetzen. Die bestehende internationale Regelung ist die Seerechtskonvention der Vereinten Nationen. Das Land, das die Flagge eines Handelsschiffs führt, muss die Bestimmungen dieser Konvention und anderer unterzeichneter Verträge einhalten.
Nach diesem ärgerlichen Vorfall mit dem Außenminister und dank des Drucks von Solidaritätsorganisationen führte die portugiesische Regierung eine eigene Untersuchung des Schiffs und seiner Ladung durch, die schließlich dazu führte, dass die MV Kathrin in Portugal abgemeldet wurde. Dadurch musste das Schiff seine portugiesische Flagge ablegen, was schließlich am 17. Oktober geschah.
Einen Tag später war das Schiff laut verschiedenen Schiffsortungswebseiten nun unter deutscher Flagge registriert, was bedeutet, dass es nun unter deutschen Gesetzen und Vorschriften operiert. In Deutschland unterliegen Register der Zuständigkeit bestimmter Amtsgerichte. Laut dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur müssen „deutschgeflaggte Seeschiffe mit einer Länge von 15 Metern und mehr in einem der Seeschiffsregister eingetragen werden“. Die Kathrin ist über 130 Meter lang und hat zuvor bereits unter deutscher Flagge gesegelt, sodass sie den deutschen Behörden bereits bekannt ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die Erneuerung der deutschen Flagge für die MV Kathrin ein unkomplizierter Verwaltungsprozess war.
Diese neue Entwicklung wirft jedoch viele Fragen auf. Weiß die deutsche Regierung über dieses Schiff Bescheid, das Sprengstoffe zu einem israelischen Waffenhersteller transportiert? Diese Lieferung hat bereits internationale Aufmerksamkeit erregt, und das deutsche Außenministerium wurde dazu auf einer Pressekonferenz am 11. September befragt. Der Journalist Florian Warweg verwies auf die deutsche Eigentümerschaft des Schiffs, seine Ladung und das Ziel, und erwähnte, dass Namibia dem Schiff das Anlegen verboten hatte. Er fragte dann, ob die Regierung der Einschätzung der namibischen Behörden folge, dass der Transport der betreffenden Sprengstoffe nach Israel gegen mehrere Urteile des Internationalen Gerichtshofs und damit gegen das Völkerrecht verstoße. Die Sprecher von Außenministerin Annalena Baerbock würdigte zunächst „die Detailschärfe Ihrer Frage“ und sagte daraufhin, er verfüge über keine spezifischen Informationen über die Vorgänge rund um das Schiff. Er erklärte auch, dass er nicht wisse, ob der Transport von Sprengstoffen überhaupt der Rüstungskontrolle unterliege, dass jede Waffenexportregelung nationalen, regionalen und internationalen Vorschriften unterliege und dass er sich mit der Angelegenheit vertraut machen wolle, um eine ordnungsgemäße Antwort geben zu können.
Vor diesem Hintergrund kann man davon ausgehen, dass das Auswärtige Amt und damit die Bundesregierung bereits über die Situation des deutschen Schiffs, das den Sprengstoff RDX transportiert, informiert ist. RDX ist ein wesentlicher Bestandteil bei der Herstellung verschiedener Waffen und Munition und steht auf der Liste der Güter, für die die Beschränkungen der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) gelten. Es bedarf jedoch einer eingehenden Prüfung der relevanten Präzedenzfälle, um zu klären, ob ein deutsches Schiff in internationalen Gewässern unter deutscher Flagge, das Sprengstoffe transportiert, die unter die AWV fallen, tatsächlich der Rüstungskontrolle durch den Bundessicherheitsrat unterliegt. Die deutsche Regierung sollte inzwischen in der Lage sein, eine fundierte Stellungnahme zu dieser Angelegenheit abzugeben.
Die Diskussionen über diese Entwicklung sind im Gange. Die MV Kathrin ist derzeit im Mittelmeer in internationalen Gewässern im Ionischen Meer vor Anker, nachdem ihr die Einfahrt in maltesische Gewässer verweigert wurde und alle Anfragen des Schiffs von der maltesischen Regierung abgelehnt wurden. Deutschland ist nun als Flaggenstaat für das Schiff verantwortlich, und angesichts der vorliegenden Informationen zum internationalen Recht sowie der Stellungnahmen verschiedener nationaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International könnte Deutschlands Komplizenschaft am Völkermord am palästinensischen Volk weiter zunehmen.
Mindestens 13 Länder unterstützen die Genozid-Klage Südafrikas vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag, in dem Israel beschuldigt wird, gegen die Genozid-Konvention von 1948 zu verstoßen, die von beiden Staaten unterzeichnet wurde. Deutschland hingegen ist der einzige Staat, der angekündigt hat, in den Hauptverhandlungen als Drittpartei zugunsten Israels zu intervenieren – ein Schritt, zu dem sich selbst die USA nicht bereit erklärt haben. Deutschland handelt bereits gegen die Entscheidungen des Internationalen Gerichtshofs, indem es weiterhin Waffen an Israel liefert. Bundeskanzler Olaf Scholz von der regierenden SPD erklärte am 10. Oktober, dass man die Waffenlieferungen nicht einstellen werde und bereits neue geplant seien.
Der Internationale Gerichtshof erklärte im Juli 2024, dass die Besatzung der palästinensischen Gebiete, der Bau israelischer Siedlungen in Palästina und die Ausbeutung seiner Ressourcen einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellen. Diese Besatzung, die Siedlungen und der Krieg im Gazastreifen werden mit extremer Grausamkeit, Inhumanität und massiver militärischer Gewalt durchgeführt, wobei Waffen verwendet werden, die hauptsächlich von den USA und Deutschland geliefert werden. Nach diesem Urteil verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution, die Israel aufforderte, sich aus den besetzten Gebieten zurückzuziehen. Die Resolution forderte zudem alle Staaten auf, ihren Verpflichtungen nach dem Völkerrecht nachzukommen und Schritte zu unternehmen, um den Import von Produkten aus den israelischen Siedlungen sowie die Bereitstellung von Waffen, Munition und verwandter Ausrüstung an Israel zu stoppen, insbesondere in Fällen, in denen Grund zu der Annahme besteht, dass diese in den besetzten palästinensischen Gebieten eingesetzt werden. Zu den weiteren Schritten gehörten die Umsetzung von Sanktionen und die Unterstützung der Rechenschaftspflicht. Deutschland enthielt sich bei dieser Resolution zusammen mit einigen wenigen anderen Staaten. Berlin begründete seine Haltung mit einem „unrealistischen Zeitrahmen für das Ende der Besatzung“ und der Notwendigkeit direkter Verhandlungen zwischen den Parteien. Darüber hinaus erklärte eine unabhängige UN-Kommission kürzlich, dass Staaten „keine Hilfe oder Unterstützung leisten dürfen, um die rechtswidrige Besatzung aufrechtzuerhalten, was finanzielle, militärische und politische Hilfe oder Unterstützung einschließt“.
Zuletzt hielt Außenministerin Baerbock eine Rede im Bundestag, die weltweit Widerhall erzeugte. Sie erklärte, dass zivile Strukturen ihren Schutzstatus verlieren würden, wenn sie von „Terroristen“ genutzt werden, was Israel praktisch einen Freibrief gibt, weiterhin Schulen, Wohngebäude, Krankenhäuser, Flüchtlingslager, Universitäten und als vermeintlich sichere Korridore eingerichtete Straßen zu bombardieren. Auch als „sicher“ deklarierte Gebiete wurden bombardiert. Erklärungen wie diese verschleiern das extreme Ausmaß der Brutalität und der Terroraktionen, die Israel begeht. Deutschland verschließt nicht nur die Augen vor den Verbrechen, die von den israelischen Streitkräften begangen werden, sondern unterstützt und ermutigt sie aktiv, sowohl politisch als auch militärisch, ihre siedlungskolonialen Pläne einer ethnischen Säuberung und der weiteren Besatzung palästinensischer Gebiete voranzutreiben.
Dieser Beitrag von Juliana Rivas erschien im Original auf dieser Seite in englischer Sprache – übersetzt von Michael Täuber.