Shrimpfarmen und das große Sterben der Mangrovenwälder

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"Garnelen im Verkauf fcm" by Frank C. Müller

Der Konsum von Shrimps und Garnelen ist nicht nur in Nordamerika und Europa in den letzten Jahrzehnten explosionsartig angestiegen. In jedem Discounter werden Shrimps verkauft und eine Pizza mit Scampis ist genauso selbstverständlich wie Nudeln a la Scampi. Mit der gestiegenen Massenproduktion mussten auch immer mehr Mangrovenwälder weichen. Doch wo kommen die ganzen Shrimps eigentlich her, warum sind sie so billig und was hat die Zerstörung der Mangroven mit ihnen zu tun?

Mangroven bedecken über 60% der tropischen Küsten und bedecken noch geschätzte 16 Millionen Hektar weltweit (Mangroveactionproject). Eine ihrer besonderen Eigenschaften ist die Fähigkeit in stark salzhaltigen Wasser zu wachsen, Umstände an denen die meisten anderen Bäume zu Grunde gehen würden. Über spezielle Drüsen in den Blättern kann überschüssiges Salz ausgeschieden werden oder aber es wird in den Blättern gelagert, die dann schließlich abgeworfen werden. Im Laufe der Jahrtausende haben Mangrovenbäume unterschiedliche Wurzelformen entwickelt um zum Einen Halt in den sandigen Untergrund zu finden, in denen sie wachsen, und zum Anderen mit speziell umgebildeten Luftwurzeln an kostbaren Sauerstoff zu gelangen. Diese besonderen Eigenschaften ermöglichen es ihnen in Gebieten zu wachsen und damit Lebensräume zu schaffen, in denen viele andere Pflanzen keine Chance hätten – im Salz- und Brackwasser.

Mangrovenwälder bilden Komplexe Ökosysteme, die geschützt werden müssen

Mangroven bilden Lebensräume für eine Vielzahl bedrohter Tierarten. © Tom Vierus
Mangroven bilden Lebensräume für eine Vielzahl bedrohter Tierarten. © Tom Vierus

Mangrovenwälder erfüllen viele wichtige Aufgaben in ihrer Umwelt und sind ein unverzichtbares Bindeglied zwischen Landmasse und Meer. Sie dienen mit ihren großen Wurzeln als natürlicher Erosionsschutz und schützen Küsten vor herannahenden Fluten in dem sie Wellenergie absorbieren. Ihr Holz dient ansässigen Menschen als Rohstoff und viele der in Mangrovenwäder vorkommenden Tiere können als Nahrungsquelle genutzt werden. Die Artenvielfalt in den dichten Wäldern ist unglaublich groß, von Krabben im Boden, über unzählige Fische und andere Meeresbewohner die Schutz im Wurzelgeflecht der Bäume suchen bis über Vögel und Reptilien in den Baumkronen. Viele bedrohte Tierarten leben hier wie z.B. der Bengalische Tiger, der Nasenaffe oder die Fischkatze. Mangrovenwäder sind außerdem Kinderstuben zahlreicher Rifffische, da Jungtiere dort Schutz finden und solange bleiben bis sie groß genug sind, um zu Korallenriffen, Seegraswiesen oder aber ins offene Meer zu emmigrieren. Sogar im weltweiten Kohlenstoffkreislauf spielen sie eine bedeutende Rolle: in dem sie riesige Mengen Kohlenstoff speichern (herabfallende Blätter, die im Boden vergraben werden und die riesigen Wurzelsysteme enthalten alle Kohlenstoff) tragen sie massgeblich dazu bei das Klima nachhaltig zu entlasten und den von uns Menschen durcheinander gebrachteten Kohlenstoffdioxid-Ausstoß abzufedern.

Auch im Lebenzyklus der meisten Shrimp-und Garnelenarten spielen Mangroven eine entscheidende Rolle. Erwachsene Tiere laichen meist im offenen Meer. Millionen von kleinen schwimmenden Larven kehren dann durch landwärtsgerichtete Strömungen zurück zur Küste und landen in den Mangroven. Hier wachsen sie im Schutze der Bäume und vielen Versteckmöglichkeiten, bis sie groß genug sind und ihre Reise zurück ins offene Meer antreten, wo auch sie wieder laichen werden und der Zyklus von neuem beginnt. Die Natur hat alles perfekt eingerichtet.

Über 50% der einstigen Mangrovenbestände in Thailand mussten Shrimpfarmen weichen

Eine typische Shrimpfarm mit mehreren Becken die viele tausend Shrimps enthalten können.
Eine typische Shrimpfarm mit mehreren Becken die viele tausend Shrimps enthalten können.

Mit der steigenden Nachfrage weltweit stieg auch die Anzahl an Shrimpfarmen – besonders im asiatischen Raum wie Thailand und Vietnam. Riesige Flächen von Mangrovenwäldern wurden gerodet um dort Garnelen zu züchten und mit ihnen verloren wilde Shrimps immer mehr ihrer Lebensräume. Studien zeigen, dass allein in Vietnam über 50% der Mangroven gerodet wurden. Der Prozess folgt dabei generell folgenen Schema: nachdem die Bäume beseitigt sind, werden einige Meter tiefe Gruben gegraben, mit Salzwasser gefüllt und schließlich mit Shrimps bestückt. Da mehr Shrimps pro Teich mehr Geld bedeuten, werden viel zu viele Tiere eingesetzt und in vielen Fällen mit riesigen Mengen Antibiotika, Pestiziden und Wachstumshormonen großgezogen. Bei der Ernte wird das Wasser ungeklärt und ungefiltert ins Meer bzw. Umland abgeleitet, wo es versickert und ganze Flüsse verseuchen kann. Das kann je nach Shrimpart bis zu vier Mal pro Jahr passieren. Nach einiger Zeit haben sich so viele Fäkalien und giftige Substanzen auf den Böden abgelagert, dass die Gruben unbrauchbar und aufgegeben werden. Es wird einfach woanders wird ein neues Stück Land gerodet und das Spiel beginnt von vorn.

Halten wir in Ländern wie Deutschland die Nachfrage hoch, so wird genau dies auch weiterhin passieren. Denn viele von genau diesen Shrimps landen dann durch undurchsichtige Handelswege und kaum rückverfolgabr bei uns auf dem Teller.

Jährlich werden 1-8% der Mangroevengebiete weltweit zerstört

Oft werden die Abwässer der Shrimpfarmen inklusive Hormonen, Pestiziden, Antibiotika und extrem hohen Nährstoffgehalten ungefiltert ins Meer geleitet, wo dies drastische Folgen haben kann. Es können sauerstoffarme Zonen entsehen, in denen kaum noch Leben besteht.
Oft werden die Abwässer der Shrimpfarmen inklusive Hormonen, Pestiziden, Antibiotika und extrem hohen Nährstoffgehalten ungefiltert ins Meer geleitet, wo dies drastische Folgen haben kann. Es können sauerstoffarme Zonen entsehen, in denen kaum noch Leben besteht.

Mit der Vernichtung der natürlichen Lebensräume gehen auch die Wildfänge dramatisch zurück. Nicht nur von Shrimps, sondern wie auch von Fischbeständen vor der Küste. Denn wie bereits erwähnt dienen die Mangroven als Kinderstube der meisten Fische. Werden diese gerodet, fehlt es den Fischen an geschützen Aufwachsgebieten und die Anzahl sinkt dramatisch. In Ländern wie Ausralien und auch in großen Teilen Brasiliens, in dem viele der Mangrovengebiete erhalten wurden, profitieren besonders die Fischer von größeren Erträgen und nachhaltig befischte Shrimps sind deutlich lukrativer als ihre Geschwister aus der unweltschädlichen Massenhaltung. Mangrovenerhaltung erhält nicht nur Lebensräume, sondern auch viele Arbeitsplätze, die indirekt mit ihnen verbunden sind. Die einzigen Gewinner in dem Massenshrimp-Business sind die Besitzer der Shrimpfarmen, alle anderen sind Verlierer und ganz besonders die einheimische Bevölkerung, die durch Abholzung nicht nur Arbeitsplätze und Nahrungsquellen verliert, sondern auch unter den Folgen der giftigen Abwässer immens leidet. In vielen Betrieben herrschen Arbeitsbedingungen, die sich nicht von Sklavenarbeit unterscheiden – und das alles nur für den billigen, überall verfügbaren Shrimp.

Wer Billig-Shrimps kauft, hilft mit wertvolle Ökosysteme zu zerstören

© Tom Vierus
Mangrovenwälder sind keine unbrauchbaren, verwilderten Flächen, sondern wichtige Komponenten in unseren Ökosystemen und müssen bewahrt werden. © Tom Vierus

Wir als Konsumenten haben die Wahl Shrimps zu kaufen oder eben nicht. Es mag nicht viel ausmachen, wenn ein Einzelner verzichtet, doch je mehr diese Produkte boykottieren, desto unlukrativer wird das Geschäft. Als erstes werden die Einzelhandelsketten das Produkt wegen geringen Verkaufszahlen aus ihren Regalen nehmen, dann die Großhändler und wenn schließlich kein Markt mehr besteht, wird es kaum noch Shrimpsfarmen geben. Solange wir die Nachfrage aufrecht erhalten, wird sich gar nichts ändern. Auch wenn Shrimps nur einen Teil des Problems ausmachen, es besteht kein Zweifel, ETWAS zu tun, ist besser als NICHTS zu tun! Geschätzt über 50% von den weltweiten Mangrovengebieten, die einst rund 32 Millionen Hektar umfassten, haben wir bereits verloren – ein Großteil davon durch die Rodung für Shrimpfarmen. Wir können nicht so tun, als ob nichts wäre und föhlich weiter konsumieren.

Bitte kauft keine Shrimps mehr, wenn ihr nicht genau wisst, wo sie herkommen!

 


 

Wer sich näher mit dem Thema beschäftigen möchte, dem empfehle ich folgende Seiten:

Wer etwas Einblick in Verhältnisse vor Ort gewinnen möchte, dem sei folgende Reportage empfohlen:

https://www.youtube.com/watch?v=Pf7la_tMQIk


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