Vom Goldrausch zum Höllenfeuer: Warum in Kaliforniens Städten immer wieder Brände wüten

Toastt21, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Kalifornien wird regelmäßig von verheerenden Bränden heimgesucht, die Menschenleben fordern und ganze Wohnviertel zerstören. Doch die zentrale Rolle des Eukalyptusbaums hierbei ist weitgehend unbekannt. Ursprünglich als „Wunderbaum“ aus Australien importiert und im Zuge des Goldrauschs massenhaft für Bau- und Nutzholz angebaut, wurde er dann immer stärker in Städten angepflanzt und verbreitete sich in angrenzenden Wäldern. Heute gilt er als einer der Hauptverursacher der verheerenden Feuer. Nun prallen die Folgen von Ressourcenausbeutung und Profitstreben, Klimawandel und sozialer Ungleichheit bei Kaliforniens Bränden aufeinander.

Die Bilder aus Los Angeles gingen um die Welt. Wald- und Wohngebiete in hellen Flammen. Gewaltige, aufsteigende Rauch- und Feuersäulen. Niedergebrannte Wohnviertel mit lauter Holzhäusern zum Schutz vor Erdbeben. Verzweifelte Menschen, die ihr ganzes Hab und Gut verloren haben. Tote und Verletzte. Notquartiere für die erste Hilfe. Personell und finanziell ausgezehrte kommunale Feuerwehren und Helfer, die mit versiegendem Löschwasser, mit Spaten, Äxten und Gabeln ihr Bestes gaben.

Und es trifft nicht nur die Viertel der Reichen. Stärker betroffen sind ärmere Wohnviertel. Zwar hat Kalifornien schon seit Jahrzehnten Bauvorschriften – und seit 2008 besonders strenge – für den Brandschutz, aber teure blech- oder ziegelgedeckte Hausdächer können sich die Ärmeren nicht leisten. Hierfür fehlen staatliche Finanzhilfen wie auch zur kommunalen Brandschutzberatung oder für Dienstleistungen zur Entfernung von trockenem Blattlaub und Rinde, für Astschnitt oder dass Bäume gefällt werden, so dass der Abstand zu den Häusern größer wird.

Der Eukalyptusbaum – Kern des Problems

Besondere Bedeutung für die verheerenden Brände kommt Eukalyptusbäumen mit ihren brandgefährlichen Eigenschaften zu. Sie sind vor allen Dingen entlang der Küstenregion allgegenwärtig in urbanen Gebieten und Ballungszentren: an Straßen, in Parks, inmitten von Wohngebieten und Gärten sowie angrenzenden Wäldern. Darüber wird kaum berichtet. Zu den Gründen dafür – und zur Frage, was der Eukalyptus mit den Bränden zu tun hat – lohnt ein Blick in die Geschichte Kaliforniens.

Wie der Eukalyptus nach Kalifornien kam

Ausgangspunkt war die Einverleibung Kaliforniens seitens der USA durch den Sieg im Krieg gegen Mexiko, der vertraglich im Jahr 1848 zu Ende ging. Hatte Mexiko zuvor schon durch Expansionsinteressen der USA das Territorium des heutigen Texas eingebüßt, so verlor es nun über Kalifornien hinaus auch Arizona, Nevada, Utah und Teile von Colorado, New Mexico und Wyoming.

Kalifornien wurde zum besonderen Ort für Aufbruch und Begierden. Denn hier wurde Gold gefunden, später auch andere Metalle. Der Goldrausch und die danach einsetzende Erschließung und Entwicklung des Landes führten rasch zu einem gewaltigen Zustrom an Siedlern, in deren Zuge die indigene Bevölkerung bald fast vollständig vernichtet wurde. Gleichzeitig ging der Verbrauch an Ressourcen steil nach oben. Holz wurde in Unmengen für den schnellen Bau von Häusern, als Brennholz, für Holzkohle sowie für Bahnschwellen zum Ausbau der Pazifik-Eisenbahnen bis hin zum Schiffsbau gebraucht.

Die kalifornischen Steineichenwälder, bestens angepasst an Klima und Umwelt, wurden rücksichtslos abgeholzt und vor allem zu Brennholz gemacht. Im Norden wurden die imposanten und großartigen Redwood-Wälder dezimiert. Bald schon konnte aus den östlichen Landesteilen der USA, den Appalachen, nicht mehr genug Holz für den Hausbau herangeschafft werden. Die Suche nach Ersatz fiel auf australische Eukalyptusbäume, die ab 1850 immer stärker angepflanzt und genutzt wurden. Sie wachsen schnell und haben hartes Holz, verbrauchen aber mit ihrem tief reichenden Wurzelwerk große Grundwassermengen.

Bald galt der Eukalyptusbaum als „Wunderbaum“, weil er nicht nur Brenn- und Bauholz liefern konnte, sondern in kürzester Zeit durch rasches Wachstum Gewinn abwerfen und sogar Krankheiten (Eukalyptusöl-Arzneien) heilen konnte. Immer mehr Einsatzbereiche fanden sich. So eignete er sich als Windschutz gegen Pazifikwinde, wuchs gut auf trockenen Böden, wo sonst kaum etwas gedieh und half sogar aufgrund seines großen und tiefreichenden Wurzelwerks dabei, sumpfige Flächen zu entwässern. Erst später stellten sich nachteilige Holzeigenschaften heraus, so Verformungen und Oberflächenrisse beim Trocknen. Die anfängliche Begeisterung für den Baum legte sich nach und nach. Heute wird er in Kalifornien vor allem als Brennholz und als Holz(kohle) für das beliebte Barbecue genutzt.

Was den Eukalyptusbaum so gefährlich macht

Der Eukalyptusbaum produziert ätherische Öle, die hoch brennbar bzw. entflammbar sind. Wenn es aus dem Blattwerk verdunstet, entstehen große bläuliche, dunstige und leicht entflammbare Nebelschwaden. Zudem verrotten herabfallende ölhaltige Blätter nicht. Sie bleiben vertrocknet auf dem Boden liegen wie ebenfalls regelmäßig abgestoßene Äste und Rindenstücke. Insgesamt ideale Bedingungen für ein Feuer: Ein Funke genügt, und die umgebenen Bäume oder der ganze Wald stehen binnen kurzer Zeit in Flammen.

Zusätzlich dienen vielerorts in der Region anzutreffende Palmen als Brandbeschleuniger. Und die aufsteigenden Rauch- und Feuersäulen erzeugen eine Sogwirkung, die zu starken Winden führen, die wiederum Funken und Glut weitertragen und weitere Brände auslösen. Zudem ist der Eukalyptusbaum auch noch ein Überlebenskünstler, der mit brennenden Wäldern gut zurechtkommt. Seine Wurzeln überdauern Brände, aus den verkohlten Stämmen können wieder neue Triebe austreiben und über feuerfeste Samen kann sich der Baum gut verbreiten.

Die vielen kleinen Projekte zur Eindämmung der Gefahren reichen nicht

Staats- und Forstverwaltungen sind die gefährlichen Eigenschaften des Eukalyptusbaums seit Jahrzehnten bekannt, doch es wurde zu wenig unternommen, ihn zu ersetzen oder zurückzudrängen, indem man ihn entfernt. Als Alternative steht eine ganze Reihe einheimischer Baumarten zur Verfügung. Nun wächst der Druck zu handeln angesichts von Klimawandel, zunehmender Trockenheit und Dürreperioden. Zwar braucht es dafür auch besser gerüstete Feuerwehren und den Ausbau des Brandschutzes, aber damit verschwinden die Gefahrenherde und der große Verbrauch an Grundwasser durch die Bäume freilich nicht.

Die vielen kleinen Projekte von der Vergangenheit bis heute zur Eindämmung der Gefahren oder zum Ersatz der Eukalyptusbäume reichen nicht. Es braucht eine dauerhafte und große Anstrengung über die nächsten Jahrzehnte für die risikoreichsten Gebiete. Das braucht viel Geld, viel sachkundige Pflege sowie fachlich und personell gut gerüstete Behörden. Das aber widerstrebt im Grunde dem American Way of Life. Widerstände rühren auch daher, dass viele Kalifornier trotz allem die Schönheit der Eukalyptusbäume – die zugleich Schatten spenden – und ihren Duft nicht missen möchten.

Es ist offen, welche Konsequenzen aus den Bränden gezogen werden

Die Versäumnisse der Vergangenheit treffen sich mit den Problemen der Gegenwart. Die Geschichte des Eukalyptusbaumes in Kalifornien ist die Geschichte eines rabiaten Siedlerkolonialismus, von Ressourcenraubbau und lange währender Unkenntnis über die Folgen ungehemmten Anbaus und der Verbreitung einer feuergefährlichen Baumart aus Australien in einem Land, wo sie nicht heimisch ist.

Nach und nach wurden die Folgen für Mensch und Natur zwar erkannt, doch bis heute nur ungenügend angegangen. Die Zukunft wird zeigen, ob das Dilemma wie fast überall nur besser verwaltet wird oder ob es tatsächlich gelingen sollte, wirksame Konsequenzen zu ziehen aus den verheerenden und immer wiederkehrenden Bränden in den urbanen Gebieten und Ballungszentren und um sie herum.

Dr. Detlef Bimboes, geb. 1946, ist Diplombiologe mit Schwerpunkt Umwelt, Chemie und Rohstoffe, und ist Mitglied der Naturfreunde Berlin.

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