Zur Reaktion der Polizeigewerkschaften auf die Legalize-Debatte

Pics by Herbal Hemp (leaf) und Andrew Martin (police officer), both Pixabay (mashup by Freiheitsliebe).

Alles läuft auf die Ampel hinaus. In Sachen Klimawandel, soziale Gerechtigkeit, Friedenspolitik, Schere zwischen arm und reich und vielen anderen Feldern graust es uns bei dem Gedanken an Rot-Grün-Gelb. Doch bei einem Thema können wir ernsthaft einen Fortschritt erhoffen: die Legalisierung von Cannabis. Grüne und FDP sind klar dafür, SPD zähneknirschend auch so halb. Nie standen die Zeichen so gut, um dem Irrsinn der Kriminalisierung von Kiffer*innen endlich ein Ende zu setzen. Das sehen in der Umkehr offensichtlich auch die konservativen, bürgerlichen Kräfte von rechts so – ihre Alarmglocken schrillen seit Tagen auf Hochtouren. Aus reiner Ideologie heraus beten sie ohne Sinn und Verstand ihre altbackenen, ewiggestrigen, wissenschaftliche Hundertmal widerlegten „Argumente“ runter – und beweisen damit einmal mehr: Es gibt keine rationalen Gründe gegen #LegalizeIt. Im Folgenden veröffentlichen wir eine Pressemitteilung des Deutschen Hanfverbands vom 12. Oktober (deine Freiheitsliebe-Redaktion).

In den Medien wird zunehmend über die mögliche Legalisierung von Cannabis durch eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP berichtet. Auch der Deutsche Hanfverband wird dabei häufig zitiert. Laut unserer Wahlanalyse ist die Legalisierung von Cannabis bei dieser Koalition naheliegend. Nun melden sich zwei Polizeigewerkschaften zu Wort, um vor der Legalisierung zu warnen. DHV-Sprecher Georg Wurth erläutert, warum diese Reaktion zu erwarten war und trotzdem unsinnig ist.

Wie zuvor die Forderung des DHV ging heute das Statement der Polizeigewerkschaften nach einer Pressemitteilung der Neuen Osnabrücker Zeitung durch die Medien. Als gäbe es Cannabis bisher in Deutschland gar nicht, lässt sich Oliver Malchow von der GdP unter anderem so zitieren:

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Oliver Malchow sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ), es mache keinen Sinn, neben dem legalen, aber gefährlichen Alkohol „die Tür für eine weitere gefährliche und oft verharmloste Droge zu öffnen“ – auch wenn immer mehr Befürworter das anders sähen.

Beide Polizeigewerkschaften gehen in ihren Statements davon aus, dass der Konsum von Cannabis nach der Legalisierung dramatisch zunehmen wird. Für diese These gibt es aber laut DHV-Informationen weder eine wissenschaftliche Grundlage noch gibt es in den Ländern, die bereits legalisiert haben, einen wesentlichen Konsumanstieg. DHV-Sprecher Georg Wurth hat dennoch ein gewisses Verständnis dafür, dass die Polizeigewerkschaften mit der Legalisierung von Cannabis hadern:

Die Legalisierung von Cannabis führt in Teilen der Polizei zu einer Sinnkrise. Daran hängt schließlich auch das Eingeständnis, dass die Polizei mit der Mission, Cannabis aus der Gesellschaft heraushalten, gescheitert ist. Das ist schwer zu ertragen, wenn man teilweise jahrzehntelang Drogenfahnder war und jetzt erkennen soll, dass diese Arbeit eher Schaden angerichtet hat anstatt die Jugend zu schützen.

Der Sprecher der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, sagte der Osnabrücker Zeitung unter anderem:

„Es wäre der Start in eine vernebelte Zukunft statt ein Aufbruch für ein modernes Deutschland, wenn dieses Projekt in die Koalitionsvereinbarung einer Ampel-Koalition aufgenommen würde“. (…) Dieser Stoff sei nicht nur eine gefährliche Einstiegsdroge, sondern wegen der Unkontrollierbarkeit seiner Zusammensetzung insbesondere für junge Menschen eine Gefahr und alles andere als der sprichwörtliche harmlose Joint.

Dazu DHV-Sprecher Georg Wurth:

Die Aussagen von Rainer Wendt sind geradezu absurd. Cannabis ist längst in der Mitte der deutschen Gesellschaft angekommen. Die These von Cannabis als Einstiegsdroge ist seit Jahrzehnten wissenschaftlich widerlegt. Und vor allem: die „Unkontrollierbarkeit der Zusammensetzung“, vor der Wendt warnt, spricht für die Legalisierung, nicht dagegen! Es geht ja gerade darum, solche Gefahren des Schwarzmarktes einzudämmen, indem Cannabis endlich reguliert wird.

Auch bei seiner dramatischen Warnung vor den Folgen der Legalisierung für den Straßenverkehr tut Wendt erst so, als gäbe es bisher kaum Cannabiskonsumenten in Deutschland,

Vor allem im Straßenverkehr befürchtet Wendt fatale Folgen: „Wenn demnächst auch noch Bekiffte am Straßenverkehr teilnehmen, bekommen wir ein Problem.“,

um sich dann selbst zu widersprechen:

Schon jetzt komme es wegen Cannabis-Konsums immer wieder zu Unfällen mit unschuldigen Verletzten; die Kontrolle durch die Polizei sei völlig unzureichend.

Auch das findet Georg Wurth abwegig:

Die Annahme, dass sich nach der Legalisierung mehr Cannabiskonsumenten berauscht ans Steuer setzen, nur weil sie das Cannabis legal und nicht auf dem Schwarzmarkt erworben haben, entbehrt jeder Grundlage. Stattdessen brauchen wir eine faire und nachvollziehbare Neuregulierung zu Cannabis und Straßenverkehr, um Führerscheinentzüge bei nüchternen Fahrern zu vermeiden, wie es heute ständig passiert.

Der Münchner Merkur hatte bereits vor dieser Pressemitteilung ein entsprechendes Statement des DHV erfragt und darüber berichtet.

Dieser Artikel erschien zuerst hier auf den Seiten des Deutschen Hanfverbands (DHV).

Hier könnt ihr euch unser Interview mit dem DHV-Vorsitzenden Georg Wurth ansehen:

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2 Antworten

  1. Also hier in dem Artikel so global zu behaupten, Cannabis sei längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen, halte ich für ab den Haaren herbeigezogen und extrem polemisch. Wer ist denn bitteschön die Mitte der Gesellschaft und wer definiert diese???

    1. Hallo Guiza…
      Die „Mitte der Gesellschaft“ ist ein Querschnitt dieser.
      Es rauchen Schüler, Zivis, Beamte, Arbeiter, Angestellte, Anwälte, Richter, Kranke, Gesunde, Lehrer, Ärzte, Politiker, Arbeitslose und Rentner.
      Das geht ja schon aus Ermittlungsverfahren und Verurteilungen hervor.
      Fazit: es ist wohl in der „Mitte der Gesellschaft“ angekommen.

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