Sie nennen es Kommunismus

(v.l.ln.r.) Alban Werner, Kristof Roloff, Vanessa R., Peter Jüriens.

Wie eine Gesellschaft ohne Kapitalismus aussehen kann, darüber wurde in Deutschland lange Zeit nur hinter verschlossenen Türen diskutiert. Viel zu groß war die Gefahr, als Spinner abgetan zu werden. Doch immer mehr Menschen sind unzufrieden mit ihrer eigenen Situation und dem Zustand der Welt. Wohin die Reise gehen soll, die eine solidarische und faire Gesellschaft zum Ziel hat, ist unklar?

„Die Menschen können sich eher das Ende der Welt, als das Ende des Kapitalismus vorstellen“, ist ein berühmter Ausspruch unserer Tage. Und er enthält auch ein Fünkchen Wahrheit. Der Kapitalismus ist für viele Menschen so selbstverständlich geworden, dass sie sich eine Welt ohne Milliardäre, aber auch ohne Hungertode nicht vorstellen können. Das Irgendwas mit unserer Welt nicht stimmt merken trotzdem viele. Irgendwie scheint alles aus den Fugen geraten zu sein. Die Einsicht, dass die Sucht des Kapitalismus nach mehr Wachstum, mehr Absatz und mehr Profit daran schuld ist, setzt sich erst langsam durch. Die Frage die viele Stellen und auf die auch viele Linke keine Antwort haben ist: Was soll danach kommen? Die Linke Essen lud gestern gemeinsam mit der Jugendorganisation Linksjugend Ruhr zu einer Diskussionsveranstaltung „Wie sieht eine postkapitalistische Wirtschaft aus“, in der es genau um diese Frage ging. Eingeladen waren der Bundessprecher der „Sozialistischen Linken“ Alban Werner, Kristof Roloff,  von der totzkistischen Organisation der Funke und Peter Jüriens, Anarchist aus Bochum. Alle drei streben eine klassenlose Gesellschaft an, doch sind ihre Vorstellungen wie diese aussehen kann sehr unterschiedlich.

Frei nach Roberto Blanco: Ein bisschen Markt muss sein

Für Alban Werner ist klar, dass zunächst die Klassenherrschaft gebrochen werden muss. Das heißt, dass große Betriebe und Konzerne vergesellschaftet werden müssen. Die Frage des Privateigentums muss daher, überall wo Betriebe eine wichtige Rolle für die Volkswirtschaft haben, gestellt werden. Ein Markt ist trotzdem unumgänglich, so Alban Werner. Denn nur der Markt könnte die Bedürfnisse der Menschen entsprechend befriedigen und würde zur Steigerung der Produktivitätskräfte führen, die für den Sozialismus unumgänglich wären. Man müsste nur die Ware „Arbeitskraft“ in ihrem besonderen Status hervorheben, so das nicht jeder mehr gezwungen wäre, diese zu allen Bedingungen zu verkaufen.

Viel Planung und wenig Markt müssten sich ergänzen

Kristof Roloff vom Funken geht einen Schritt weiter: Wenn wir Ausbeutung, Leistungsdruck und Konkurrenz überwinden wollen, müssen wir für den großen Teil der Wirtschaft eine demokratisch kontrollierte Planung einführen, so Roloff. Er verweist dabei darauf, dass auch große Firmen bereits heute Planen, aber auf dem anarchischen Markt gegeneinander konkurrieren. Diese Planung ist vor allem für große Betriebe und für Elementare Wirtschaftszweige wichtig. Kleine Dönerbuden z.B. wären ausgenommen.

Wir brauchen keinen Staat

Peter Jüriens, seines Zeichens Anarchist, stellt sich eine Welt ohne Staat vor. Wo sich Menschen organisieren, ist ihnen überlassen. Über vorkapitalistische Marktstrukturen würden ihre Bedürfnisse, zumeist regional, koordiniert. Bis auf das von einem selbst genutzte, gibt es kein Privateigentum – Alles ist vergesellschaftet. Städtische Flächen können von allen genutzt werden und es gibt ein Recht auf Nahrung, Medikamente und Wohnraum die keinem Menschen verwehrt werden dürfen. Man müssen Menschen zugestehen sich zu organisieren wie sie wollen. Und er machte darauf aufmerksam, dass die Weltwirtschaft bereits jetzt genug für alle Produziert. 11 Milliarden Menschen könnten, Stand heute, mit ausreichend Nahrung versorgt werden. Stattdessen schmeißen wir in Europa, aus kapitalistischen Gründen, bis zu 60 Prozent der Nahrung weg.

Wo wollen wir hin?

Rosa Luxemburg schrieb vor über hundert Jahren: „Sozialismus oder Barbarei“. Und ich behaupte, dass sie nach wie vor Recht hat. Der Kapitalismus führt dazu, dass sich der weltweite Reichtum in den Händen weniger Menschen konzentriert. Die 85 reichsten Menschen dieser Welt, besitzen so viel wie die ärmsten 50 Prozent! Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. 85 Menschen sind so Reich wie 3,5 Milliarden. Der Kapitalismus führt zur Ausbeutung des globalen Südens und dazu, dass die die Ellbogengesellschaft in alle Bereiche des Lebens Einzug erhält. Die Umwelt, wie wir auf den Klimagipfeln dieses Jahr mitbekommen, ist kaum noch zu retten. Wir rasen ungebremst auf einen Abgrund zu, der in sogenannten postdemokratischen Gesellschaften Enden kann, in der die Wirtschaft nicht nur de facto die Macht innehat. Was wir brauchen ist eine Gesellschaft, die nach Bedarf produziert und nicht nach Profit, an der alle Menschen dieser Welt partizipieren können: Wo Medikamente, Nahrung, Wohnraum, Kommunikation, Strom und sauberes Wasser für alle in ausreichender Menge und ohne Bedingungen zur Verfügung stehen. Es gibt bereits jetzt Vorschläge, wie man mit Solaranlagen die ganze Welt mit Strom versorgen könnte, doch was der Idee im Weg steht, ist der Kapitalismus: Solange Private Unternehmen über die Welt bestimmen, die echten Bosse dieser Welt sind, wird sich nichts ändern. Darum brauchen wir eine Bewegung auf der Straße, die die Verhältnisse in unserer Gesellschaft in Frage stellt.

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2 Antworten

  1. K. Marx – Manifest der Kommunistischen Partei – März 1848
    > Abschnitt: Kommunisten und Proletarier

    F. Engels: Anti-Dühring: „Sozialismus (Kommunismus) ist eine !Wissenschaft! und will auch als solche gehandhabt sein.“

    Ist alles schon da – wissenschaftlich er- und begründet – wir, die Menschen entscheiden wann oder überhaupt – Diskussionen ohne dieses Grundlagenwissen bringen niemanden weiter!

  2. Hallo Daniel,

    vielen Dank für diesen guten Berricht. Deinen Antworten auf die Frage „Wo wollen wir hin?“ schließe ich mich an. Wo aber wohl die Reise wirklich hingehen wird? Derzeit haben die 80 kapitalistischen Gottkönige das Steuer ja offenbar noch fest in der Hand und immer noch viel zu viele rudern und schimpfen auf alle, die auf den Wasserfall am Ende des Flusses hinweisen.

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