Israels Angriff verurteilen – Irans Regime nicht verharmlosen – Solidarität mit den Opfern

Die Lage im Nahen Osten spitzt sich weiter dramatisch zu. Neben den schwerwiegenden Kriegsverbrechen, die derzeit in Gaza verübt werden, die gezielte Aushungerung der Zivilbevölkerung, die systematische Zerstörung lebenswichtiger Infrastruktur, das massive Bombardement ziviler Gebiete und die erschreckend hohe Zahl getöteter Kinder, weitet Israel seine militärischen Angriffe nun auf die gesamte Region aus. Nach Luftschlägen auf Syrien, den Libanon und den Jemen wurde nun auch der Iran direkt angegriffen.

Dies markiert einen gefährlichen neuen Schritt in einer eskalierenden Gewaltspirale. Der Angriff auf iranisches Territorium ist ein klarer Bruch des Völkerrechts, unabhängig davon, wie deutsche Politiker ihn zu rechtfertigen versuchen: als Präventivschlag, als Selbstverteidigung oder unter einem anderen Vorwand. Völkerrechtliche Prinzipien sind keine Deutungsfrage.

Als jemand, der im Iran aufgewachsen ist und vor dem dortigen Regime fliehen musste, richte ich eine dringende Botschaft insbesondere an Teile der westlichen Linken: Der Iran ist kein unschuldiges Opfer geopolitischer Gewalt. Und das Regime in Teheran ist keine antiimperialistische Kraft, es ist ein reaktionäres, autoritäres, gewaltförmiges System. Es kämpft weder für die Freiheit der Palästinenser noch für die Rechte unterdrückter Menschen in der Region. Im Gegenteil: Das iranische Regime führt selbst seit Jahren Krieg, etwa in Syrien, wo es für den Tod Zehntausender mitverantwortlich ist. Es finanziert und lenkt Milizen und Stellvertretergruppen in weiten Teilen des Nahen Ostens und drückt seine Ideologie auf, nach außen wie nach innen.

Wer dieses Regime mit der seit über 18 Monaten unter massivem Beschuss stehenden palästinensischen Zivilbevölkerung in Gaza gleichsetzt, verkennt die Realität und relativiert die Dimension der israelischen Kriegsverbrechen. Und dennoch: Kein Verbrechen, keine noch so große Bedrohung rechtfertigt einen völkerrechtswidrigen mörderischen Angriff. Militärische Gewalt darf kein Mittel internationaler Politik sein, weder als Selbstjustiz noch als vermeintlich „präventive Selbstverteidigung“.

Völkerrecht ist nicht verhandelbar

Die in Deutschland zunehmend legitimierte Vorstellung einer präventiven Verteidigung ist nicht nur völkerrechtlich nicht haltbar, sie öffnet Tür und Tor für die globale Entgrenzung militärischer Gewalt. Wer dieses Prinzip heute für das rechte Regime in Israel verteidigt, muss sich fragen lassen, ob er es morgen auch Russland, der Türkei oder anderen autoritären Regimen zugestehen will.

Das Völkerrecht gilt universell oder es verliert jede Legitimität. Israels wiederholte Luftangriffe auf verschiedene Staaten der Region sind ein gefährlicher Präzedenzfall: Sie untergraben internationale Normen und ersetzen sie durch das Recht des Stärkeren. Wer das schweigend hinnimmt oder gar rechtfertigt, verabschiedet sich von jedem menschenrechtlichen und friedenspolitischen Anspruch.

Eine direkte militärische Konfrontation zwischen Israel und dem Iran droht, mit unkalkulierbaren Folgen für die gesamte Region. Und wie so oft wird die Rechnung nicht von Generälen oder Machthabern bezahlt, sondern von der Zivilbevölkerung: von Kindern, von Familien, von einfachen Menschen, in Gaza, im Südlibanon, in Teheran, in Tel Aviv.

Leid der Palästinenser wird ignoriert

Besonders tragisch: Mit jeder weiteren Eskalation droht das Leid der Palästinenser in Vergessenheit zu geraten. Über 50.000 Tote, massive Vertreibung, die vollständige Zerstörung Gazas, all das wird im Schlagabtausch der Staaten zunehmend überdeckt. Doch das darf nicht geschehen. Israel begeht in Gaza einen Genozid, Verbrechen an einer ganzen Bevölkerung und er muss als solcher benannt und beendet werden. Netanjahu gehört vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Sein völkerrechtswidriger Angriff auf den Iran dient auch dem Zweck von den israelischen Verbrechen in Gaza abzulenken. Israel macht keine „Drecksarbeit für uns„, es begeht Verbrechen, es mordet, es zerstört im gesamten Nahen Osten, dafür verdient es nicht unsere Solidarität oder Unterstützung wie CDU-Politiker meinen, sondern Sanktionen und politischen Druck.

Gleichzeitig muss deutlich sein: Das Mullah-Regime in Teheran verdient keine politische Solidarität, auch wenn Israels Angriff klar völkerrechtswidrig war und bestraft gehört. Unsere Solidarität gilt den mutigen Menschen im Iran, die unter größten Risiken für Freiheit, Gleichheit und Menschenrechte kämpfen nicht den Ayatollahs und ihren Revolutionsgarden.

Diese Widersprüche auszuhalten, ist schmerzhaft, aber notwendig. Wer sich für Menschenrechte einsetzt, darf keine Lagerlogik bedienen. Man kann das Regime in Teheran verurteilen und dennoch gegen Israels Morde aufstehen. Man kann den Genozid in Gaza benennen und zugleich verhindern, dass das Leid der Palästinenser für autoritäre Interessen instrumentalisiert wird.

Die Lösung für diese Region kann nicht militärisch sein. Sie beginnt mit einem Bruch mit der Logik von Gewalt, Rache und nationaler Überheblichkeit und mit der Rückbesinnung auf universelle Prinzipien: Menschenwürde, Recht auf Leben, Selbstbestimmung und Rechtsstaatlichkeit.

Der Nahe Osten braucht keine neuen Kriege, keine neuen Allianzen der Gewalt. Er braucht Gerechtigkeit für Palästinenserinnen, für Iranerinnen, für Jüdinnen und Juden, für alle Menschen, die in dieser Region leben und leben wollen.

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