Der Aufsatz, den der australische Historiker Dirk Moses Ende Mai 2021 veröffentlichte,1 hat – zumindest in geschichtswissenschaftlichen Kreisen und im Feuilleton großer deutscher Tages- und Wochenzeitungen – hohe Wellen geschlagen.2 Manche sprechen gar von einem »neuen Historikerstreit«.3 Unabhängig davon, ob man dem zustimmen mag oder nicht, ist offensichtlich, dass diese Auseinandersetzung im Kern eine politische ist, die über akademische Debatten hinaus verschiedene gesellschaftliche Sphären berührt, nicht zuletzt, aber eben auch nicht nur, die Geschichtspolitik hierzulande.
Moses gehört zu jenen (bürgerlichen) Historikern, die die Notwendigkeit erkannt haben, den Faschismus und auch den Holocaust aus dem geschichtlichen Zusammenhang der Genese des Westens als imperialistische und Kolonialmächte zu begreifen. Der derzeit in Deutschland vorherrschenden Sicht auf den Holocaust wirft er vor, gerade diesen Zusammenhang zu verleugnen, den Genozid an den europäischen Juden damit zu mystifizieren und zu fetischisieren und zugleich die Aufarbeitung der kolonialen Verbrechen zu behindern. Dabei benennt er sehr treffend jene fünf Glaubensgrundsätze, die er als Kern des – wie er es nennt – »Katechismus« der bundesdeutschen Geschichts- und Erinnerungspolitik identifiziert: 1. Die absolute Singularisierung des Holocaust, 2. seine Kategorisierung als universellen »Zivilisationsbruch«, 3. die unbedingte Verteidigung Israels als »deutsche Staatsräson«, 4. die Separation des Antisemitismus vom Rassismus und 5. die Gleichsetzung von Antisemitismus mit Antizionismus. Wie hoch politisch Moses’ Text ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass er explizit auf das Phänomen der sogenannten »Antideutschen« eingeht. Dieses Phänomen der »linken Szene« dürfte nicht allen bekannt sein. Ob Moses auf sie gestoßen ist, weil er sich bereits selbst mit ihnen konfrontiert sah oder aber weil er gründlich recherchiert hat, wird nicht ersichtlich. Jedenfalls ist ihre Nennung konsequent, denn der eindeutig aus der »antideutschen« Ecke stammende Diskurs, wonach der Antisemitismus etwas gänzlich anderes sei als Rassismus, ist mittlerweile zunehmend hegemonial. Dieses Konzept geht zurück auf den kanadischen Historiker und ideologischen Vordenker der »Antideutschen«, Moishe Postone. Den meisten, die im heutigen medialen, politischen oder akademischen Diskurs den Antisemitismus vom Rassismus trennen, dürfte kaum bewusst sein, dass dies auf die Vorstellung Postones zurückgeht, wonach der Antisemitismus ein der Warenzirkulation direkt entspringendes Phänomen sei; er meinte sich dabei auf die Marxsche Wertkritik beziehen zu können. Viel häufiger wird – Postone verkürzend – auf der Erscheinungsebene argumentiert, dass der Antisemitismus den Juden aufwerte, während der Rassismus seine Objekte abwerte.4
Moses’ Kritiker
Dass Moses’ scharfe Kritik am herrschenden geschichtspolitischen Diskurs auf Widerstand stoßen würde, war abzusehen. Ebenso war zu erwarten, dass diese Kritik an seiner Kritik vor allem aus einem bestimmten gesellschaftlichen und politischen Spektrum kommen würde. Die Realität entsprach dem: Am schärfsten geschossen wurde von Seiten konservativer Leitmedien wie der FAZ, der Welt5 und der NZZ, dezidierter (Neo-)Konservativer, engagierter Transatlantiker und/oder bekennender Zionisten wie Alan Posener,6 Götz Aly,7 Michael Wolfssohn,8 Saul Friedländer9 sowie vonseiten der Jüdischen Allgemeinen10 und auch besagten »Antideutschen«.11 Daneben mischten sich weitere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, zumeist Historiker und Journalisten, ein. Wirklichen Beistand in seinen inhaltlichen Punkten erhielt Moses dabei kaum: Die »Rückendeckung« für ihn beschränkte sich zumeist auf Verständnisbekundungen oder Plädoyers für eine sachlichere Beschäftigung mit seinem Text bzw. seinem Anliegen.12 Von links kam – anders als die vielen hier angeführten Artikel mit ihren reißerischen Überschriften vermuten lassen – keinerlei Unterstützung für Moses. Vielmehr scheinen sich die allermeisten linken Medien, darunter auch die größte linke Tageszeitung im deutschsprachigen Raum, die junge Welt, für diesen Streit unter »bürgerlichen Historikern« überhaupt nicht interessiert zu haben. Im neuen deutschland dagegen wurde Moses in zwei Artikeln aus »antideutscher« Feder angegriffen.13
Kolonialismus und Faschismus
Die Erkenntnis, dass Kolonialismus und Faschismus historisch, ideologisch, strukturell und personell eng zusammenhängen, ist nicht neu.14 Und obwohl die Forschung diesbezüglich noch auffallend dünn ist und mit konkreten Fakten weiter unterfüttert werden muss, gibt es zahlreiche Schlaglichter, die diese These konkret stärken: angefangen bei der »Rassen«-Ideologie der Faschisten15 sowie ihrer jeweiligen Kolonialpolitik, über die kolonialen Hintergründe von Persönlichkeiten, wie – beispielhaft – Francisco Franco, Philippe Pétain oder Franz Ritter von Epp sowie der Tatsache, dass die faschistischen Bewegungen in den »Mutterländern« bei der Siedlerbevölkerung in den Kolonien großen Anhang fanden, bis hin zu den ganz allgemeinen Zusammenhängen zwischen kapitalistischer Ausbeutungs- und Verwertungslogik, rassistischer Ideologie und Unterdrückung, imperialistischem Expansionismus und Militarismus auf der einen Seite mit auf der anderen Seite sowohl dem Kolonialismus als auch dem Faschismus. Vor diesem Hintergrund ist die These, dass der Faschismus die Anwendung des Kolonialismus auf Europa bedeutet, wie Aimé Césair schrieb,16 zwar wohl keine erschöpfende Theorie, aber doch ein durchaus sinnvoller und spannender Zugang.
Macht, Privilegien, Diskurshegemonie – und (fehlender) Mut
Dass sich im hegemonialen politischen Diskurs gegen die Einsicht, dass Kolonialismus und Faschismus zusammenhängen, derart versperrt wird, scheint in der Tat kaum anders erklärbar als durch ideologische Scheuklappen einerseits und politisches wie ökonomisches Kalkül andererseits. Das liegt in der Natur der Sache, denn in Horkheimers berühmtem Diktum, wonach jeder, der nicht über den Kapitalismus reden (und urteilen) möchte, auch nicht über den Faschismus sprechen solle, lassen sich sowohl »Kapitalismus« als auch »Faschismus« durch »Kolonialismus« ersetzen – alle drei sind untrennbar miteinander verbunden. Da man in Deutschland aber über den deutschen Faschismus sprechen muss, muss man ihn als »Nationalsozialismus« aus allen universellen Zusammenhängen herausreißen. Zusätzlich muss man mit Blick auf Deutschland die seit je her feste Integration sowohl der BRD als Staat als auch ihrer Eliten in den Westblock mit seinen imperialistischen und (neo-)kolonialistischen Führungsmächten und den damit verbundenen Hoffnungen auf einen Wiederaufstieg zu alter Relevanz im Weltmaßstab berücksichtigen. Dabei spielt selbstverständlich auch das Verhältnis zu Israel eine Rolle, das ebenfalls integraler Bestandteil des Nachkriegswestens und zugleich selbst eine Kolonialmacht ist.
Was nun konkret die deutsche Historikerzunft angeht, so geht es offensichtlich nicht zuletzt um Renommees und Ressourcen von auf Deutschland bzw. Europa zentrierten Wissenschaftlern.17 Dass es sich bei den meisten um »alte weiße Männer« handelt, ist mit Sicherheit kein Zufall.18 Zugleich ist diese Kategorie, genau wie die Verteidigung individueller Karrieren, nicht hinreichend, um zu erklären, weshalb der oben angeführte Zusammenhang zwischen Kolonialismus und Faschismus nicht schon längst anerkannter Konsens in der Wissenschaft ist. Schließlich sind da nicht nur die angeführten Historiker, die Moses explizit widersprechen, sondern es gibt auch eine »schweigende Mehrheit« unter den Geschichtswissenschaftlern. Daher scheint die gesellschaftliche Rolle der Historiker als solche, im Sinne ihrer sozial- und polit-ökonomischen Position in der Gesellschaft, einen ebenso gewichtigen Faktor zu spielen: Als kleinbürgerliche Schicht schwankt die – gerade gesellschaftswissenschaftliche – Intelligenzija ständig zwischen Kapitalismus- oder zumindest »Gesellschaftskritik« auf der einen und der Integration in und Identifikation mit dem herrschenden System und seinen Eliten auf der anderen Seite. In Zeiten, in denen die politische Linke gesellschaftlich derart schwach ist, wie in den letzten drei Jahrzehnten, liegt es auf der Hand, dass sich dies auf gesellschaftliche Gruppen, die an sich einen recht opportunistischen Charakter haben, äußerst negativ auswirkt. Und so werden die aller meisten Historiker, je näher sie in ihrer Forschung und Geschichtsschreibung an die Gegenwart heranrücken, immer ungenauer, unsauberer, ja systemtragender und -loyaler.
Wie sehr dabei der wissenschaftliche Blick für die Realität verloren geht, zeigt sich besonders deutlich, wenn es um imperialistische und (neo-)koloniale Kontinuitäten und vor allem um militärische Aggressionen der jüngeren Geschichte auf Seite des »Westens« geht. Oder wie anders ließe sich erklären, dass die völkerrechtswidrigen Angriffskriege gegen Jugoslawien (1999), Afghanistan (2001), Irak (2003) und Libyen (2011) von den allerwenigsten als das bezeichnet wurden, was sie sind? Und wie ließe sich sonst das große Schweigen erklären, angesichts der unerhörten Lüge, wonach Russland am 24. Februar 2022 angeblich den ersten Krieg in Europa nach 1945 ausgelöst habe?
Der Kolonialismus der Jetztzeit
Der sogenannte »Nahostkonflikt«, den Moses in seinem Artikel richtigerweise zentral benennt und der in der Tat der sprichwörtliche Elefant im Raum ist, sobald es (vor allem im deutschen Kontext) um die historische Kontextualisierung des Holocaust geht, fällt selbst unter die Kategorien sowohl der kolonialen und imperialistischen Kontinuitäten als auch der kriegerischen Macht- und Geopolitik westlicherseits. Zwar ist hier nicht der Platz, um die zentrale Bedeutung Israels für die Legitimierungspolitik und Identitätsgenese der Bundesrepublik herauszuarbeiten,19 festzustellen ist sie im Zusammenhang dieses Textes aber in jedem Fall. Wichtig ist zudem vor allem folgende Tatsache: Es handelt sich beim »Nahostkonflikt« nur insofern um einen »Konflikt«, als man mit Blick auf die jeweilige koloniale Unterwerfung und die dagegen ankämpfenden Befreiungsbewegungen auch von einem »Südafrika-«, einem »Algerien-«, einem »Australien-« oder einem »Nordamerika-Konflikt« sprechen würde. Denn was in Palästina seit Anfang des letzten Jahrhunderts geschieht, ist ganz unzweideutig und in all seinen Erscheinungsformen offensichtlich ein voranschreitendes siedlerkoloniales Projekt, das strukturell mit der Verdrängung und/oder Vernichtung der indigenen Bevölkerung einhergeht und das zugleich geradezu zwangsläufig auf den erbitterten Widerstand der Einheimischen stößt. Während dieses Faktum in Teilen der internationalen Kolonialismus- und Genozidforschung immerhin seit einigen Jahren anerkannt ist und erforscht wird, wird dies im deutschsprachigen Raum nahezu völlig ignoriert.20
Daraus ergibt sich (nicht nur) für die deutsche Geschichtswissenschaft, sondern auch darüber hinaus für die (deutsche) Gesellschaft und ihre politischen und moralischen Instanzen folgende Frage: Wieso wird von eindeutigem Unrecht auf der einen und legitimem Widerstand auf der anderen Seite nur dann gesprochen, wenn das entsprechende historische Kapitel auf die eine oder andere Art abgeschlossen ist? Konkret: Wie kann es sein, dass in einer Zeit, in der postkoloniale Studien Hochkonjunktur haben, das letzte europäische Kolonialprojekt, dem die indigene Bevölkerung vor aller Weltöffentlichkeit Widerstand entgegensetzt,21 aus diesem Diskurs um Kolonialismus ausgeblendet wird? Wie kann es sein, dass heute ganz selbstverständlich von den »Befreiungsbewegungen« in Südafrika, Namibia, Simbabwe, Angola usw. die Rede ist, und dass der – durchaus sehr blutige – Widerstand der Ureinwohner Amerikas oder auch der afrikanischen Sklaven gegen die weiße Vorherrschaft in aller Regel als »legitim«, wenn nicht gar als rückhaltlos »gerecht« gilt, während der Widerstand der Palästinenser nicht nur in der deutschen Politik und den Medien, sondern auch weitgehend in der Wissenschaft einhellig als »problematisch« bis »terroristisch« deklariert wird?
Zumindest die ideologische Antwort liegt in dem Katechismus, den Moses benannt hat, begründet. Mit diesem wird die Kolonisierung Palästinas moralisch und politisch in einen »Konflikt« umgedeutet und künstlich verkompliziert: Da der Holocaust einmalig ist, kann nichts, was Israel den Palästinensern antut, übermäßig schlimm sein. Dabei setzt sich das eurozentrische Narrativ des »Zivilisationsbruchs« in die Gegenwart fort: Kein Kolonialverbrechen der Vergangenheit war so schlimm wie der Holocaust und kein Kolonialverbrechen der Gegenwart ist so schlimm bzw. kann überhaupt so schlimm sein. Dies wird mit der Behauptung unterfüttert, wonach Antisemitismus etwas ganz anderes und letztlich Bösartigeres sei, als nur Rassismus. Die »Staatsräson« gegenüber Israel ist dann letztlich nur aus den vorherigen Behauptungen abgeleitet (und mit der »historischen Verantwortung« der Deutschen verwoben); sie ist die politische Manifestation der Konsequenzen, die daraus gezogen werden: Egal was Israel macht, wir werden es verteidigen! Die Gleichsetzung von Antisemitismus und Antizionismus rundet dieses ideologische Konstrukt mit einer Allzweckwaffe gegen jede Kritik ab: Wer all das infrage stellt, dem geht es doch eigentlich eh nur um das ewige Feindbild des Juden. Man könnte an dieser Stelle noch die Projektion ergänzen: die mittlerweile stark verbreitete diskursive Darstellung der Palästinenser/Araber/Muslime als vermeintliche Erben der Nazis,22 gegen die sich die »anständigen Deutschen« von heute quasi noch nachträglich wenden können. Mit Antonio Gramsci gesprochen erscheinen jene Dogmen, die Moses als »Katechismus« bezeichnet, genauso wie die angeführte Projektion, als ideologische Verteidigungsgräben auf dem zivilgesellschaftlichen »Schlachtfeld« um die Hegemonie bundesdeutscher Legitimitäts- und Identitätspolitik.
Fazit
Dieses vernagelte Konstrukt gehört sowohl aus politisch-moralischen23 als auch aus geschichtspolitischen bzw. -wissenschaftlichen Gründen aufgebrochen und auseinandergenommen. Doch das trauen sich gerade im deutschsprachigen Raum bislang fast ausschließlich Israelis und Juden.24 Dass es auch primär ihre Aufgabe sei, sich kritisch mit der eigenen Geschichte und (Staats-)Ideologie auseinanderzusetzen, und wir Deutschen uns in Demut üben und uns nicht der Verdächtigung des Antisemitismus aussetzen sollten, erscheint angesichts der Tatsache, dass eben diese Juden und Israelis gerade in Deutschland und von Deutschen mit Antisemitismusvorwürfen überzogen werden,25 als nichts anderes, denn als eine Ausrede. Dabei bietet das »deutsch-katechistische« Geschichtsbild derart viele Ansatzpunkte für das praktische Dekonstruieren von Weltbildern und dem Füllen weißer Flecken der Geschichte durch konkrete Forschung.26 Trotzdem bleibt zu befürchten, dass diese neue Stufe der Aufarbeitung der deutschen Geschichte – und damit einhergehend auch der notwendigen Konsequenzen für die Politik – auf absehbare Zeit nur von sehr wenigen und damit sehr langsam und mühsam beschritten werden wird.
Leon Wystrychowski studiert Geschichte und Islamwissenschaft im Master an der Ruhruniversität Bochum. Er schreibt u.a. für das Migazin und Dis:orient.
Quellen und Anmerkungen
1 Dirk Moses: Der Katechismus der Deutschen, www.geschichtedergegenwart.ch/der-katechismus-der-deutschen.
2 Neben einer schier unüberschaubaren Zahl an Artikeln, die sich auf Moses’ Text und die von ihm ausgelöste Kontroverse beziehen, gibt es mittlerweile auch mehrere Bücher zu der Debatte. Etwa: Susan Neiman / Michael Wildt (Hg.): Historiker steiten. Gewalt und Holocaust – die Debatte, Berlin 2022; Saul Friedländer / Norbert Frei / Sybille Steinbacher / Dan Diner: Ein Verbrechen ohne Namen. Anmerkungen zum neuen deutschen Streit über den Holocaust, München 2022; Arn Strohmeyer: Falsche Loyalitäten. Israel, der Holocaust und die deutsche Erinnerungspolitik, Wien 2022. Für einen Blick auf die nicht-deutschsprachige Rezeption lässt sich unter www.newfascismsyllabus.com/category/opinions/the-catechism-debate zudem ein 24 Einträge und zahlreiche Artikel umfassendes englischsprachiges Dossier zur »Catechism Debate« finden.
3 Karin Wetterau schrieb bereits 2020 mit Blick »auf den sogenannten israelbezogenen oder antiisraelischen Antisemitismus«, »manche [sähen] einen neuen Historikerstreit am Horizont heraufziehen«. (Karin Wetterau: Neuer Antisemitismus? Spurensuche in den Abgründen einer politischen Kampagne, Bielefeld 2020, S. 16.)
4 Zur Kritik dieser so oberflächlichen wie selektiven Argumentationsweise siehe Ramsis Kilani: Antisemitismus ist eine Form von Rassismus, www.diefreiheitsliebe.de/politik/antisemitismus-ist-eine-form-von-rassismus.
5 Das einflussreichere, aber sich an ein weniger akademisches Publikum wendene Schwestermedium aus dem Hause Axel Springer, die Bild, ersparte seinen Lesern dagegen offenbar diese Auseinandersetzung. Mittles Suchfunktion auf der Bild-Website findet man jedenfalls keinen einzigen Artikel, in dem der Name »Dirk Moses« vorkommt.
6 Alan Posener: Beim Thema Holocaust klingen Linke jetzt wie Rechte, www.welt.de/debatte/kommentare/article231747751/Postkolonial-Beim-Thema-Holocaust-klingen-Linke-jetzt-wie-Rechte.html.
7 Götz Aly: »Es gibt nichts, das deckungsgleich mit dem Holocaust wäre«, www.deutschlandfunkkultur.de/goetz-aly-es-gibt-nichts-das-deckungsgleich-mit-dem-100.html.
8 Michael Wolfssohn: Jetzt kommen Holocaust-Relativierer auch von links, www.welt.de/debatte/kommentare/article233186137/Vergleich-mit-Kolonialverbrechen-Jetzt-kommen-Holocaust-Relativierer-auch-von-links.html?icid=search.product.onsitesearch.
9 Saul Friedländer: Ein fundamentales Verbrechen, www.zeit.de/2021/28/holocaust-gedenken-erinnerungskultur-genozid-kolonialverbrechen.
10 Rafael Seligmann: Rechts und links, www.juedische-allgemeine.de/politik/rechts-und-links/?q=Dirk%20moses; Jenny Hestermann / Johannes Becke: Die Linke und der neue Historikerstrei, www.juedische-allgemeine.de/kultur/erinnerungspolitische-querfront/?q=Dirk%20moses.
11 Ali Tonguç Ertuğrul / Sabri Deniz Martin / Vojin Saša Vukadinović: Linkspaternalistischer Rassismus, www.jungle.world/artikel/2021/28/linkspaternalistischer-rassismus; Volker Weiß: »Eine sehr eigenwillige Deutung«, www.taz.de/Debatte-um-Erinnerungskultur/!5773157; Larissa Schober: Die Entzauberung der Deutschen, https://www.iz3w.org/zeitschrift/ausgaben/389_rackets/schober; Thomas Wessel: Judenhass metaphorisch: Ist A. Dirk Moses der neue Achille Mbembe?, www.ruhrbarone.de/judenhass-metaphorisch-ist-a-dirk-moses-der-neue-achille-mbembe/199614.
12 Etwa von Neil Gregor: Priester, Katechismen und Häretiker, https://geschichtedergegenwart.ch/priester-katechismen-und-haeretiker-einige-gedanken-zum-vieldiskutierten-essay-von-dirk-moses; Peter Weiss: Kolonialer Völkermord und die neue Debatte über den Holocaust, https://www.derstandard.de/story/2000127271311/kolonialer-voelkermord-und-die-neue-debatte-ueber-den-holocaust. Aleida Assmann etwa griff den Begriff des »neuen deutschen Katechismus« zwar einerseits auf – ohne Moses allerdings zu erwähnen –, (Aleida Assmann: Anfeindungen gegen Carolin Emcke: Der neue deutsche Katechismus, www.fr.de/kultur/gesellschaft/anfeindungen-gegen-carolin-emcke-der-neue-deutsche-katechismus-90804924.html.) sprach sich an anderer Stelle allerdings lediglich für einen unaufgeregteren Umgang mit seinen Thesen aus. (Dies.: Erinnerungskultur: Vergangenheit, die nicht vergeht, www.fr.de/kultur/gesellschaft/erinnerungskultur-vergangenheit-die-nicht-vergeht-91267149.html.)
13 Robert Heinze: Deutsche Kontinuitäten, www.nd-aktuell.de/artikel/1156239.kolonialismus-deutsche-kontinuitaeten.html?sstr=Dirk|moses; Jakob Hayner: Nächster Schlussstrich?, www.nd-aktuell.de/artikel/1153435.geschichtsbewaeltigung-naechster-schlussstrich.html?sstr=Dirk|moses.
14 Die bekannteste und zugleich vielleicht erste Vertreterin dieser These war Hannah Arendt in ihrem Werk The Origins of Totalitarianism(1951). Aber auch Aimé Césaire in seinem Discours sur le Colonialisme (1955) und Frantz Fanon in The Wretched of the Earth (1961) warfen diesen Zusammenhang bereits früh auf.
15 Dass die Rassenlehren aus dem kolonialen und Sklavereikontext stammen, dürfte allgemein bekannt und anerkannt sein. Aber die Nazis ließen sich auch sehr konkret von den Apartheid-Gesetzen der USA beeinflussen, wie James Q. Whitman jüngst nachwies. Darüber hinaus zeigte sich Hitler persönlich vom Herrenmenschentum des britischen Kolonialismus begeistert.
16 Aimé Césaire: Discours sur le Colonialisme, Paris 1955, S. 5.
17 Konkret etwa bei Götz Aly, Norbert Frei (www.sueddeutsche.de/meinung/holocaust-historikerstreit-1.5324081?reduced=true.), Saul Friedländer oder Martin Schulze Wessel. (www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/holocaust-und-kolonialverbrechen-zeitgeistgetriebene-erinnerung-17624587.html.)
18 Aleida Assmann stellt die Auseinandersetzung als eine Art Generationenkonflikt zwischen einer Historikergeneration, die »von der deutschen Geschichte geprägt« ist, und einer, »die auf die neuen Herausforderungen in der globalisierten Welt reagiert«. (www.fr.de/kultur/gesellschaft/erinnerungskultur-vergangenheit-die-nicht-vergeht-91267149.html.)
19 Diese Arbeit steht trotz spannender Ansätze noch aus. Zuletzt erschien dazu Daniel Marwecki: Germany and Israel. Whitewashing and Statebuilding, London 2020.
20 Petra Wild: Charakteristiken und Dynamik des zionistischen Siedlerkolonialismus in Palästina, www.linksnet.de/artikel/32191.
21 Von verbliebenen französischen, britischen oder US-amerikanischen Insel-Kolonien, auf denen die Bevölkerung keinen Kampf für die Unabhängigkeit führt, soll hier abgesehen werden.
22 Dies fängt bei der Fokussierung auf Persönlichkeiten wie Amin al-Husseini an, reicht über die Gleichsetzung von Antizionismus mit (eliminatorischem) Antisemitismus bis hin zu der absurd-eurozentrischen Behauptung, mit Parolen wie »Kindermörder Israel« würden türkei- und arabisch-stämmige Menschen auf die christlich-europäisch-mittelalterliche Ritualmordlegende anspielen.
23 Das gilt sowohl mit Blick auf die Bevölkerung in Palästina, als auch auf innerdeutsche Verwerfungen. Siehe dazu Leon Wystrychowski: Erst gleichmachen, dann mit zweierlei Maß messen, www.migazin.de/2020/11/06/antisemitismus-erst-gleichmachen-dann-mit-zweierlei-mass-messen.
24 Zu nennen sind hier vor allem der israelisch-deutsche Historiker und Soziologe Moshe Zuckermann, der deutsche jüdische Buchautor Rolf Verleger, der aus Israel stammende und in Deutschland lebende Ökonom und Publizist Shir Hever, deutsch-jüdische Verleger Abraham Melzer, der österreichisch-israelische Historiker Shlomo Sand, der deutsch israelische Historiker Ilan Pappe und die deutsch-jüdische Publizistin Evelyn Hecht-Galinski. Die mittlerweile emiritierte Politikwissenschaftlerin und Palästinaexpertin Helga Baumgarten, der ebenfalls emeritierte Historiker und Antisemitismusforscher Wolfgang Benz und die Islamwissenschaftlerin Petra Wild, die sich bemüht, die Erkenntnisse der Kolonialismusforschung in den deutschen Palästina-Diskurs einzubringen, zählen zu den wenigen nicht-jüdischen Ausnahmen.
25 Verabreitet vor allem von Moshe Zuckermann: Antisemit! Ein Vorwurf als Herrschaftsinstrument, Wien 2010; Ders.: Der allgegenwärtige Antisemit. oder: Die Angst der Deutschen vor der Vergangenheit, Frankfurt (Main) 2018.
26 Vom zionistischen Geschichtsbild ganz zu schweigen. Siehe hierzu: John Rose: The Myths of Zionism, London 2004; Shlomo Sand: The Invention of the Jewish People, London/New York 2009; Ilan Pappe: Ten Myths About Israel, London/New York 2017.