200 deutsche Mediziner verurteilen Angriffe auf Gesundheitssystem in Gaza und fordern Konsequenzen der Bundesregierung

Hosny Salah via Pixabay

In den vergangenen 18 Monaten wurden nach Angaben internationaler Organisationen über 1.000 Mitarbeitende des Gesundheitssystems in Gaza von Israel ermordet. Erst vor wenigen Tagen wurde die Erschießung von 15 Sanitätern durch israelische Soldaten bekannt und sorgte für weltweite Empörung. Auch in Deutschland regt sich nun Protest: Mehr als 200 Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie das anhaltende Schweigen der Bundesregierung und deutscher Berufsverbände kritisieren – und konkrete politische Maßnahmen fordern.

Seit Oktober 2023 hat Israel jedes einzelne Krankenhaus in Gaza bombardiert, viele davon in Gänze zerstört. Auch Krankenwägen wurden wiederholt beschossen, Ärzte willkürlich verhaftet und Mitarbeitende des Gesundheitswesens anlasslos erschossen. Der systematische Angriff auf die Gesundheitsinfrastruktur macht deutlich: Gewalt gegen Beschäftigte des Gesundheitswesens wird nicht nur in Kauf genommen, diese werden aktiv zur Zielscheibe gemacht.

In einem offenen Brief, der inzwischen von über 200 Mitarbeitenden des deutschen Gesundheitswesens unterzeichnet wurde, bringen die Verfasserinnen ihre tiefe Erschütterung über die systematische Zerstörung des palästinensischen Gesundheitssystems zum Ausdruck: „Wir müssen mit ansehen, wie Angehörige des Gesundheitswesens gezielt ermordet oder von der israelischen Armee in Lagern interniert und gefoltert werden – nur weil sie Angehörige des Gesundheitswesens sind.“ Sie beschreiben das seit 18 Monaten Krankenhäuser gezielt bombardiert, Ärztinnen während laufender Operationen von Scharfschützen erschossen, und Rettungsfahrzeuge unter Beschuss genommen würden. Immer wieder würden Patienten inmitten der Trümmer getöteter Kliniken gefunden – zum Teil noch mit Infusionen im Arm und gefesselten Händen.

Gezielter Angriff

Besonders erschütternd sei die Erschießung von 15 palästinensischen Sanitätern am 23. März, deren Leichen anschließend in einem Massengrab verscharrt wurden. Auch Berichte über Patient*innen, die mit Infusionen im Arm und gefesselten Händen aus den Trümmern zerstörter Krankenhäuser geborgen wurden, zeigten die Dimension der Gewalt.

Die Unterzeichnenden sehen darin nicht nur einen Angriff auf Einzelpersonen, sondern auf die Grundstruktur der medizinischen Versorgung vor Ort. Die Zerstörung des palästinensischen Gesundheitssystems sei Ausdruck eines gezielten Vorgehens, das zentrale Prinzipien medizinischer Neutralität verletze – unter den Augen einer internationalen Gemeinschaft, die größtenteils schweigt oder militärische Unterstützung leistet.

Die Unterzeichnenden des Briefes fordern deshalb konkrete politische Konsequenzen. Adressiert sind unter anderem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, die Bundesärztekammer und die Bundespsychotherapeutenkammer. Sie sollen sich mit Nachdruck bei der Bundesregierung dafür einsetzen, jede Form der deutschen Beteiligung an den Verbrechen zu beenden und keine Waffen mehr zu liefern.

Unterstützung des Gesundheitssystems in Gaza

Die Unterzeichnenden des offenen Briefes fordern von der Bundesregierung Konsequenzen angesichts der gezielten Zerstörung des Gesundheitssystems in Gaza. Konkret verlangen sie von der Bundesregierung, „dahin zu wirken, die israelische Blockade von Lebensmittellieferungen und humanitären Hilfen in Gaza mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln sofort zu beenden“. Außerdem müsse die Bundesregierung „die Behandlung palästinensischer Verletzter mit allen Mitteln unterstützen“ und dafür sorgen, „den Schutz palästinensischer Angehöriger des Gesundheitswesens und der Einrichtungen des Gesundheitswesens durchzusetzen“. Auch der Wiederaufbau des zerstörten palästinensischen Gesundheitssystems solle aktiv gefördert werden. Darüber hinaus soll „medizinischen Teams die Unterstützung unserer palästinensischen Kolleginnen in Gaza und der Westbank ermöglicht werden.“

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