Der ewige Faschismus von Umberto Eco

© Bayan Wanli

„Wer echte Harmonie zwischen Völkern erreichen will, muss wissen, dass Harmonie nicht Gleichförmigkeit heißt“.[1] Umberto Eco, 1932 in Alessandria in Italien geboren, 2016 in Mailand gestorben, zählt zu den bedeutendsten Wissenschaftlern und Schriftstellern. Der Roman Der Name der Rose machte Eco weltberühmt, jedoch blieb es nicht nur bei diesem Roman. Viele weitere seiner Romane wurden Bestseller. Der ewige Faschismus ist ein Sammelband, der – neben einem Vorwort von Roberto Saviano – fünf Essays von Umberto Eco enthält. Diese Essays sind zwischen 1995 und 2012 entstanden und waren ursprünglich Vorträge und Artikel zu aktuellen Ereignissen.

Der ewige Faschismus ist der Haupttext des Sammelbandes. Eco beschreibt seine eigenen Erfahrungen mit dem italienischen Faschismus, denn er kennt das faschistische Regime unter Mussolini; seine Kindheit fiel in diese Zeit und als Jugendlicher war er Mitglied in faschistischen Gruppen. Der Autor kann dieses italienische Regime von neuen faschistischen Formen unterscheiden, aber auch Gemeinsamkeiten erkennen. Er stellt die inneren Widersprüche des Mussolini-Systems heraus und schildert konkrete Merkmale, die den „ewigen“ oder „Ur-Faschismus“,[2] der immer wieder auftauche, kennzeichnen. Eco schließt mit der wichtigen Erkenntnis, dass Faschismus kein ausschließlich historisches Phänomen des 20. Jahrhunderts sei. Es gebe ihn auch heute noch, und er verstecke sich hinter vielen Fassaden.

Die Migration des dritten Jahrtausends prophezeit Eco im zweiten Aufsatz. Er stellt klar, dass kein Rassist und kein reaktionärer Nostalgiker werde verhindern können, dass die große Wanderung, die er uns prophezeit, unaufhaltsam kommen werde. Eco bezeichnet die Migration des dritten Jahrtausends als ein „Naturphänomen“.[3]

Im dritten Vortrag, Intoleranz, erklärt der Autor, dass Fundamentalismus, Integralismus und pseudowissenschaftlicher Rassismus eine Doktrin voraussetzten. Hingegen beginne Intoleranz vor jeder Doktrin. Daher ist Intoleranz nach seiner Auffassung viel gefährlicher, denn sie sei instinktiv. Um Rassismus zu bekämpfen, empfiehlt Eco die „permanente Erziehung“ der Kleinsten, sodass Intoleranz sich immer weniger entwickelt und die Toleranz eine Chance bekommt.[4]

In dem vierten Vortrag, von Eco in Nimwegen, Niederlande, gehalten, plädiert er für einen neuen Vertrag von Nimwegen, um virtuell die Friedensverträge zu erneuern, und zwar als Vertrag gegen die Intoleranz. Das sei notwendig, denn die Freiheit sei durch Antisemitismus und Rassismus bedroht.

Der Sammelband endet mit dem Aufsatz Experimente in reziproker Ethnologie. Eco erklärt, dass Verständnis durch gegenseitiges und gleichberechtigtes Beobachten der Kulturen erzeugt wird. Rassismus zu besiegen, beginne damit, dass man Andersartigkeit verstehe und akzeptiere.

Eco erinnert uns daran, dass wir die Welt gemeinsam politisch gestalten müssen. Obwohl er diese Vorträge, beziehungsweise Artikel vor der Jahrtausendwende verfasst hat, ist man beim Lesen erstaunt, wie prophetisch Eco ist. Seine Worte sind aktueller und wichtiger denn je. Leider bietet er – vor allem in den ersten Essays – keine Lösungsansätze. Seine Texte tragen zwar zum besseren Verständnis des ewigen Faschismus bei, jedoch nicht zur Unterbindung derzeitiger rechter politischer Strömungen. Die Texte eignen sich mehr dazu, Diskussionen zu eröffnen und Fragen zu stellen, weniger dazu, Diskussionen durch Antworten zu beenden. Da die meisten Essays ursprünglich als Vorträge entstanden sind, ist ihnen leicht zu folgen. Dieser Sammelband ist eine hervorragende Aufforderung zum Mitdenken. Eco bindet seine eigenen Erfahrungen, die seine Thesen untermauern, mit in dieses Thema ein. Daher sind seine politischen Essays auch recht unterhaltsam.

Als Leser wird einem bewusst, dass „Rassismus zu eliminieren, [nicht heißt] zu beweisen und sich zu überzeugen, dass die anderen nicht anders als [man selbst] sind, sondern ihre Andersartigkeit zu verstehen und zu akzeptieren“.[5] Ich halte den Band für unbedingt lesens- und empfehlenswert.

Bayan Wanli macht gerade an einer gymnasialen Oberstufe in Bonn ihr Abitur.

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Literaturverzeichnis:

Eco, Umberto. (2020). Der ewige Faschismus (4. Auflage) München: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG.

Müller-Teusler, Stefan. (19.01.2021). Rezession zu: Umberto Eco: Der ewige Faschismus. Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG (München) 2020. ISBN 978-3-446-26576-9. (socialnet). Abgerufen am 16.02.2021, von https://www.socialnet.de/rezensionen/27946.php.

Steinfeld, Thomas. (08.02.2020). Besprechung für die Süddeutsche Zeitung.

(Bücher.de). Abgerufen am 16.02.2021,


Quellen:

[1] Umberto Eco, der ewige Faschismus, Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG (München) 2020, S. 75.

[2] Umberto Eco, der ewige Faschismus, S. 30.

[3] Umberto Eco, der ewige Faschismus, S. 48.

[4] Umberto Eco, der ewige Faschismus, S. 59.

[5] Umberto Eco, der ewige Faschismus, Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG (München) 2020, S. 74

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