Deutsche Politiker und Polizisten auf Lobbyreisen nach Israel

(Bild: GPO/Asi Efrati)

Mehrere investigative Artikel in deutschen alternativen Medien haben offengelegt, dass Israel sich verstärkt Mühe gibt, deutsche Entscheidungsträger einzuladen, um Einfluss auf sie zu nehmen und Geschäfte anzubahnen. Dabei geht es vor allem um Spitzenpolitiker und hohe Beamte des deutschen Sicherheitsapparats.

Propagandareisen für Politiker

Mondoweiss und Declassified UK haben kürzlich hervorgehoben, dass Reisen nach Israel zu den „weniger bekannten”, aber dennoch weit verbreiteten Instrumenten der Israel-Lobby gehören, um hochrangige Politiker zu beeinflussen. Dasselbe scheint auch für Deutschland zu gelten, wie das Neue Deutschland aufgedeckt hat. Der Zeitung zufolge wurden erst im vergangenen November rund 160 Politiker aus ganz Deutschland und aus einem breiten Spektrum von Parteien im Rahmen einer sogenannten „Einflussoperation” nach Israel eingeladen, wo sie an einem fünftägigen Programm teilnahmen.

Die Reise war so offensichtlich eine Propagandaaktion, dass selbst hartgesottene Zionisten unter den handverlesenen Gästen – darunter Mitglieder des sogenannten BAK Shalom der Linksjugend Solid – sich später gegenüber der israelischen Tageszeitung Haaretz beschwerten, es habe sich um eine einseitige PR-Aktion gehandelt. Auf dem Programm standen Orte, an denen am 7. Oktober 2023 Kämpfe stattgefunden hatten, die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, eine Führung durch eine Fabrik des israelischen Rüstungsunternehmens Rafael und die Altstadt des seit 1967 illegal besetzten Ostjerusalems. Vertreter der israelischen Regierung nutzten Berichten zufolge auch die Gelegenheit, um gegen die Gründung eines palästinensischen Staates und gegen eine „Zweistaatenlösung“ zu wettern.

Wie die Autoren hervorheben, war die Delegation im November zwar die bislang größte ihrer Art, aber keineswegs die erste. Seit 2014 werden Politiker aller deutschen Parteien – mit Ausnahme der AfD – regelmäßig zu ähnlichen Reisen eingeladen. Während solche Besuche in den Vereinigten Staaten von der AIPAC und ihren Ablegern organisiert werden, werden sie in Großbritannien und Deutschland von Organisationen wie dem European Leadership Network (ELNET) oder dem sogenannten Nahost Friedensforum (NAFFO) e. V. durchgeführt. In allen drei Ländern werden diese Reisen und ihre Finanzierung häufig verschleiert, wobei eine Mischung aus legalen und rechtlich fragwürdigen Methoden zum Einsatz kommt. So trat beispielsweise 2024 der Landesvorsitzende der hessischen Grünen zurück, nachdem bekannt wurde, dass er eine solche Reise nicht als Spende angegeben hatte.

Deutsche Polizei auf „Studienreise” im Apartheidstaat

Diese Reisen sind keineswegs auf Politiker beschränkt. Wie das deutsche Online-Portal Itidal berichtet, reiste die Berliner Polizeichefin und frischgebackene Vorsitzende des Bundesverbandes der Polizeipräsidentinnen und Polizeipräsidenten in Deutschland, Barbara Slowik Meisel, kürzlich auf Einladung der israelischen Polizei nach Tel Aviv. Sie wurde von hochrangigen Beamten aus ganz Deutschland und verschiedenen Polizeibehörden begleitet. Die israelische Seite übernahm die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, während die Reisekosten selbst von den deutschen Steuerzahlern getragen wurden.

Anlass war angeblich eine „Multidisziplinäre Konferenz der Notfallmanagementbeauftragten“. Dem Besuch war im Oktober eine Reise des israelischen Polizeichefs Daniel Levi nach Berlin vorausgegangen, bei der er die Einladung aussprach. Laut Itidal gab es auf der Konferenz umfangreiche Propaganda gegen die Palästina-Solidaritätsbewegung, die als verlängerter Arm der Hamas dargestellt wurde. Außerdem wurde zu einer verstärkten Unterdrückung abweichender Meinungen und Informationen im Internet aufgerufen. Darüber hinaus präsentierten nicht weniger als zwölf Waffenhersteller ihre Produkte.

Auch in diesem Fall wurde die Reise nicht öffentlich gemacht. Wie Itidal erklärt, ist dies zwar nicht illegal, aber ungewöhnlich. Trotz der stets öffentlich proklamierten „deutschen Staatsräson” scheint man sich der damit verbundenen moralischen und rechtlichen Probleme durchaus bewusst zu sein. Es wird viel über „israelbezogenen Antisemitismus“ und „Solidarität mit Israel“ schwadroniert, es werden Waffen für den Genozid geliefert, die laut IGH illegale Besatzung und Apartheid werden finanziell unterstützt, israelisches Know-How in Sachen Überwachung, Aufstandsbekämpfung und Krieg wird genutzt und Lobby-Reisen gerne unternommen – nur öffentlich und transparent darüber reden, will man offenbar nicht so gerne.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Middle East Monitor (MEMO). Er wurde in Absprache mit dem Autor übersetzt und für die deutsche Leserschaft redaktionell leicht bearbeitet.

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