Die Aufforderung der USA an Deutschland, Bodentruppen für den Kampf um Syrien zur Verfügung zu stellen, darf die Bundesregierung gleich aus mehreren Gründen nicht nachgeben: Die Militäraktion der sogenannten „Anti-IS-Koaltion“ in Syrien ist illegal.
Weder verfügt das Bündnis über die Zustimmung der syrischen Regierung, auf ihrem Staatsgebiet militärisch vorzugehen, noch gibt es einen Genehmigung durch den UN-Sicherheitsrat. Zwar behauptet die US-Regierung, es ginge ihr nicht um einen Regimewechsel in Syrien, sondern lediglich um die Bekämpfung des Terrors von Da’esh, dem sogenannten Islamischen Staat, aber die Neuaufteilung von Macht und Einflusszonen in Syrien ist bereits seit etwa einem Jahr in vollem Gange und die Ankündigung von Donald Trump, die US-Truppen vollständig aus Syrien abzuziehen, hat sich in der Realität offenbar als schwieriger erwiesen also in der Vorstellung des Präsidenten.
Für die Bundeswehr würde das bedeuten, wieder einmal in einen gefährlichen Einsatz geschickt zu werden, bei dem die Politik keine Idee hat, wann und wie dieser wieder zu beenden ist.
Die Bundeswehr würde sich zudem direkt und nicht mehr nur indirekt an einem Krieg beteiligen, in dem es von allen Seiten schwere Kriegsverbrechen gegeben hat. Amnesty International und Human Rights Watch haben darauf hingewiesen, dass nicht nur der IS und Assads „Sicherheitskräfte“ massiv gegen Menschenrechte verstoßen haben, sondern auch die Truppen der Anti-IS-Koalition, etwa durch das gewaltsame Vorgehen der ägyptischen Armee auf dem Sinai oder die Bombardierung von Rakka, bei der der Schutz der Zivilbevölkerung vernachlässigt wurde und es wohl auch zu ungesetzlichen Tötungen kam. An einem solchen Vorgehen darf sich die Bundeswehr keinesfalls beteiligen. Sollte ein solcher Einsatz befohlen werden, hätte jeder einzelne eingesetzte Soldat das Recht und die Pflicht, den Befehl zu verweigern.
Zudem will der US-Sonderbeauftragte für Syrien, James Jeffrey, eine Entscheidung noch im Juli. In der parlamentarischen Sommerpause ist allerdings keine seriöse Beratung eines solchen Kampfauftrags durch den Bundestag möglich. Warum drängen die USA dermaßen?
Nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen Syrien, Russland, Türkei und Iran im sogenannten „Astana-Format“ (nach dem früheren Namen der Hauptstadt Kasachstans) ist jetzt die UNO in Genf wieder am Zug, sich um eine politische Lösung in dem von einem jahrelangen Kriegszustand gezeichneten Land zu bemühen.
Eine Lösung der Konflikte unter Berücksichtigung der verschiedenen Interessen ist jedoch ähnlich schwer wie die Quadratur des Kreises. Im Augenblick wird offenbar hinter den Kulissen hart gefeilscht: Wer bekommt Idlib und damit zwei wichtige Verkehrswege? Bekommt die Türkei einen Streifen Nordsyriens als Pufferzone und wie breit wird dieser? Finden die SDF und die Assad-nahen Kräfte einen Formelkompromiss, der Syrien zusammenhält oder siegen diejenigen, die das Land zerstückeln wollen? Wird die von den USA (und sonst von niemandem) anerkannte Annektion der Golan-Höhen durch Israel noch weitere Landnahmen nach sich ziehen? Welche Rolle spielen der Iran und die von ihm unterstützte Hisbollah im Land? Im Astana-Format konnte man sich nicht einmal auf einen Gefangenenaustausch einigen – normalerweise die erste Maßnahme, um gegenseitiges Vertrauen aufzubauen und die Vertragstreue der Gegenseite zu testen. Das lässt keine großen Hoffnungen auf eine baldige Lösung aufkommen.
Der US-Regierung scheint immer klarer zu werden, dass sich der Frieden in Syrien nicht herbei bomben lässt und dass auch ein schneller Deal nicht in Sicht ist. Gleichzeitig steht Trump bei seinen Wählerinnen und Wählern im Wort: Er soll die US-Truppen heimbringen. Die Interessen des westlichen Kapitals sollen nun andere militärisch absichern, die Schäden, die das US-Militär angerichtet hat, reparieren und eine ganz und gar in Unordnung gebrachte Region neu sortieren. Ich frage mich: Darf man das eigentlich? Die US-Truppen in Syrien oder Afghanistan entlasten und damit möglicherweise Kapazitäten frei machen, die dem Pentagon noch für den Angriffskrieg gegen den Iran fehlen?
Ganz klar: das darf man nicht! Keine Bundeswehr nach Syrien!
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