Homayoun Sabetara – Drei Jahre unschuldig in griechischer Haft – Im Gespräch

Protest für Homayoun - Bild: https://www.flickr.com/photos/198874139@N04/

Seit mehr als 3 Jahren sitzt Homayoun Sabetara in einem griechischen Gefängnis, weil es auf seiner eigenen Flucht angeblich Menschen schmuggelte. Nach dem Urteil des griechischen Berufungsgerichts hätte er schon frei sein müssen, doch er sitzt immer noch in Griechenland in Haft. Wir haben mit Anne Noack von der Kampagne Free Homayoun gesprochen.

Etos.Media: Am 26. September 2022 wurde Homayoun Sabetara wegen “Menschenschmuggels” zu 18 Jahren Haft verurteilt, wie kam es dazu?

Homayoun Sabetara floh aus dem Iran und wollte zu seinen Kindern reisen, die in Deutschland leben. Im August 2021 wurde er auf dem Weg dorthin von der griechischen Polizei festgenommen, nachdem er ein Auto über die türkisch-griechische Grenze gefahren hatte. Am grenznahen Abfahrtsort wurde er unter Druck gesetzt, das Steuer zu übernehmen, wobei er sieben weitere Personen transportieren musste. Nach über einem Jahr in Untersuchungshaft wurde Homayoun Sabetara in einem unfairen Verfahren ohne ausreichende Beweise wegen „Menschenschmuggels“ verurteilt.

Etos Media: Er wurde an der griechisch-türkischen Grenze von der griechischen Polizei verhaftet und sitzt nun seit mehr als 3 Jahren in einem griechischen Gefängnis, wie ist der Gefängnisalltag für ihn als krebskranken Mann?

In den griechischen Gefängnissen findet kein Strafvollzug statt, der europäischen Anforderungen entspricht. Die materiellen Bedingungen sind unangemessen, es herrscht eine erhebliche Personalunterbesetzung, die Qualität des Essens ist schlecht (normalerweise nur Nudeln ohne Soße), und es gibt nicht genug Nahrungsmittel für alle inhaftierten Menschen. Darüber hinaus gibt es keine ausreichende medizinische Versorgung. Medikamente gegen Homayoun Sabetaras Krebserkrankung, die er regelmäßig einnehmen müsste, hat er monatelang nicht bekommen. Seit seiner Inhaftierung in Korydallos und dem Schlafen in einem Raum im Keller mit 20 anderen Menschen, in dem es kaum Luft gab, leidet er unter Atembeschwerden und Husten, erhält jedoch weiterhin keine angemessene medizinische Versorgung. Mit einer solidarischen Briefaktion hat die Kampagne #FreeHomayoun versucht, die Isolation zu durchbrechen, in der sich Homayoun Sabetara befindet. Bis jetzt ist es ihm ein Anliegen, auf jeden Brief persönlich zu antworten.

Etos Media: Die Anwälte sagen, Homayoun sei unschuldig. Wie belegten sie das?

Homayoun Sabetara war auf seiner eigenen Flucht, als er in Griechenland festgenommen wurde. Er wollte zu seinen Kindern nach Berlin reisen. Dafür gab es keine legale Möglichkeit. Dass er ein Auto mit weiteren Personen fuhr, war eine Notwendigkeit auf seiner Fluchtroute. Die strikten Einreisebeschränkungen der EU lassen Menschen keine andere Wahl, als sich selbst über solche „illegalisierten“ Wege Zugang zu ihrem Recht, Asyl zu beantragen, zu verschaffen. Homayoun Sabetara ist das Auto weder mit bösen Absichten noch aus Gewinnstreben gefahren. Es gibt entsprechend auch keine Beweise, die ihn als Schmuggler belasten.

Etos Media: Beim Berufungsverfahren wurde seine Strafe auf 7 Jahre und 4 Monate reduziert, eine lange Zeit für jemanden, der getäuscht wurde. Seit ihr zufrieden mit dem Ausgang des Verfahrens?

Natürlich können wir mit diesem Ergebnis nicht zufrieden sein. Wir fordern weiterhin einen Freispruch für Homayoun Sabetara. Wir sind gewissermaßen erleichtert, dass er nun zumindest aus der Haft entlassen werden kann, nachdem er schon über drei Jahre unschuldig im Gefängnis saß.

Etos Media: Nach dem Urteil hätte er nun in Freiheit seien müssen, doch er sitzt immernoch in Haft, warum verzögert sich das Ganze?

„In 20, maximal 30 Tagen“ würde Homayoun Sabetara frei sein, erfuhren wir direkt nach dem Urteilsspruch. Das war am 25. September. Heute, 7 Wochen nach dem Prozess, wissen wir, dass auch der weitere Umgang mit den griechischen Behörden von Willkür und Verzögerungen geprägt ist. Zuerst musste nach dem Urteilsspruch ein bürokratischer Antrag auf Haftentlassung gestellt werden. Dieser musste dann von der Staatsanwaltschaft in Trikala bearbeitet werden. Während wir davon ausgingen, dass das eine reine Formsache ist, wissen wir heute, dass diese die Haftentlassung auch ablehnen kann und der Empfehlung des Gerichts in Thessaloniki nicht folgen muss. Auch kann die Bearbeitung manchmal 3 bis 4 Monate dauern. Am 5. November wurde Homayoun Sabetara dann endlich informiert, dass er in den nächsten 24 Stunden entlassen wird. Das ist nicht passiert. Auf seine Nachfrage, warum er immer noch drinnen behalten wird, antwortete ihm das Gefängnispersonal, sie würden ihn nur noch länger behalten, wenn er weiter frage. Am Freitag hat die Staatsanwaltschaft Trikala nun positiv über die Haftentlassung entschieden. Wir warten jeden Tag darauf, dass Homayoun Sabetara das Gefängnis verlassen kann.

Etos Media: Ist für euch die Anstrengung vorbei, wenn er endlich aus der Haft entlassen ist oder geht es danach weiter?

Nach der Haftentlassung stehen viele Dinge für Homayoun Sabetara selbst an. Der Asylantrag muss weiter verfolgt werden. Er benötigt dringend gesundheitliche Versorgung. Und auch ganz alltägliche Dinge wie die Wohnungssuche und die Organisation einer Handykarte sind zu erledigen. Bei all diesen Dingen möchten wir ihn auch mit unserem Netzwerk vor Ort unterstützen. Zudem steht noch aus, das Verfahren ans nächsthöhere Gericht weiterzuziehen, um einen Freispruch für ihn zu erzielen. Darüber werden wir mit Homayoun Sabetara sprechen, wenn er aus der Haft entlassen wurde.

Außerdem kommen immer wieder Menschen auf uns zu, die in einer ähnlichen Situation wie Homayoun Sabetara als kriminalisierte Person oder wie Mahtab Sabetara als Angehörige sind und uns um Unterstützung bitten. Wir möchten unsere Erfahrung in der Kampagne gern weitergeben und auch diesen Fällen zu mehr Öffentlichkeit verhelfen.

Auf der politischen Ebene geht die Arbeit ebenfalls weiter. Aktuell wird auf europäischer Ebene das Facilitators Package überarbeitet, das die Gesetzesgrundlage für die Kriminalisierung von Menschen auf der Flucht bildet. Zusammen mit zahlreichen anderen Organisationen möchten wir darauf Einfluss nehmen.

Etos Media: Danke dir für das Gespräch.

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