Nach dem Ausscheiden von Bernie Sanders aus den Vorwahlen der Demokratischen Partei ist es nahezu sicher, dass in der Wahl im November Joe Biden für die Demokraten gegen Donald Trump antreten wird. Beide sind unwählbar, weshalb es an der Zeit ist, endlich das Zweiparteiensystem aufzusprengen und die Green Party zu wählen, die im Gegensatz zu den Grünen in Deutschland grün und links ist.
Ich habe viele der Democratic Party presidential debates gesehen, nicht alle, aber doch sehr viele. Insgesamt gab es 29 Kandidat*innen, die für die Demokratische Partei bei den Präsidentschaftswahlen im November gegen Donald Trump antreten wollten – ein absurd gepacktes Feld, von denen es bei den meisten von Beginn an feststand, dass sie die Nominierung im Leben nicht erhalten würden. Und so schaute ich mir Stunden über Stunden dieser Debatten an (die mich von Setup, Bühne, Effekten und Moderation immer wieder an American Gladiators erinnerten). Schließlich wollte ich mir ein umfassendes Bild über die- oder denjenigen machen, die oder der am Ende gegen Trump antreten wird.
Als Anarchist lehne ich diesen Zirkus zwar kategorisch ab. Als Journalist, der über Kriege und Imperialismus schreibt, hatte ich jedoch kaum eine andere Wahl, als die Debatten zu verfolgen – schließlich könnte einer dieser Leute bald acht Jahre lang an der Spitze des mächtigsten Empires der Menschheitsgeschichte stehen.
Einige hatten zwar durchaus das Zeug, weit zu kommen, doch wollten sie im Grunde einzig ihre name recognition schärfen – sich auf großer Bühne profilieren, um sich für das ein oder andere Ministerienamt in Stellung zu bringen. Hier würde ich beispielsweise Kamala Harris hineinzählen, die sicher auf das Amt der Justizministerin schielt, oder Cory Booker, der gewiss meint, einen guten Innenminister abzugeben.
Andere waren inhaltlich derart austauschbar und standen für rein gar nichts, dass sie einzig ihr vermeintlich einzigartiges Identitätsmerkmal ins Feld führten, um den liberals und progressives, den Millennials in New York, San Francisco und Seattle zu imponieren: Pete Buttigieg, dessen einzig unterscheidendes Merkmal ist, dass er schwul ist, oder Julián Castro, der nicht oft genug darauf aufmerksam machen konnte, dass er mexikanische Roots hat (oder auch Beto O’Rourke, der immer so tut, als wäre er Latino, was aber nicht der Fall ist).
Wieder andere waren derart weit weg vom Mainstream, dass es sicher spaßig wäre, sie im Oval Office zu sehen, doch auch genauso unwahrscheinlich. Etwa Andrew Yang mit seiner Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen, die sehr sympathische Esoterik-Hippie-Schriftstellerin Marianne Williamson oder – leider auch in dieser Gruppe – der bald 90-jährige Mike Gravel, der derart anti-imperialistisch und anti-militaristisch ist, dass ich mich gerne um die Stelle als sein Nahost-Berater beworben hätte.
Wiederum zwei andere sind einfach derart reich, dass sie sich einfach ins Feld eingekauft haben: Milliardär Tom Steyer und der sechzehntreichste Mensch der Welt, der Rechtsaußen Mike Bloomberg, der fast eine Milliarde US-Dollar für seine Präsidentschafts-Werbespots ausgab.
Einige Personen im Mittelfeld vertraten teils sehr unterstützenswerte Positionen. Tulsi Gabbard aus Hawaii etwa wäre mit ihrem Anti-Militarismus und Non-Interventionismus gewiss nicht die schlechteste Wahl als Verteidigungsministerin. New York Mayor Bill de Blasios Einsatz für den Kampf gegen den Klimawandel kaufte ich ihm ernsthaft ab. Und Elizabeth Warren könnte ich ewig zuhören, wenn sie mal wieder leidenschaftlich gegen Wall Street, Big Pharma, Big Oil und wen nicht sonst noch alles poltert.
Am Ende lief es auf Bernie Sanders vs. Joe Biden hinaus. Wie gerne hätte ich den etwas schrulligen, hochintelligenten, selbsterklärten demokratischen Sozialisten Bernie in den Debatten gegen den nichtsnutzigen Rechtsaußen Trump gesehen. Nach europäischen Maßstäben ist Bernie ein klassischer Sozialdemokrat, doch zählst du im Land of the Free mit derart kommunistischen Forderungen wie jener, dass Uniabsolventen doch bitte nicht die Hälfte ihres Berufslebens ihre absurden Studienkredite zurückzahlen müssen, schon als weit, weit, weit linksaußen. Und wenn du etwas daran ändern willst, dass die USA das einzige entwickelte Land auf der Welt ohne allgemeine Krankenversicherung ist, willst du eigentlich Stalins Gulags wiedereinführen. Nun gut.
Auch Bernie hat seine (vor allem außen-)politischen Leichen im Keller, doch war er ohne Frage unter den 29 Kandidat*innen jener, den ich mit Abstand am liebsten im Oval Office gesehen hätte. Gerne zusammen mit Elizabeth Warren auf einem Ticket – egal, wer von beiden als Chef/in und wer als Vize.
Doch leider ist es am Ende Joe Biden geworden, Obamas Vize: der Einfach-wieder-alles-so-wie-vor-Trump-Kandidat.
Anders als im Vorlauf zu den Wahlen 2016 gab es diesmal keine kriminelle Verschwörung seitens des korrupten Demokraten-Establishments, das sich damals hinter Hillary verbündet und Bernie rausgedrängt hatte. Biden gewann diesmal einfach die meisten Stimmen in den ersten Vorwahlen und ein Sieg für Bernie schien immer unwahrscheinlicher, weshalb er Anfang April schließlich aus dem Rennen ausschied.
Sicherlich sähen die Ergebnisse anders aus und wäre es knapper geworden, hätten sich nicht all die pseudo-progressiven Kandidaten hinter Biden, sondern hinter Bernie vereint: O’Rourke, Booker, Buttigieg, Gillibrand, Harris, ja selbst Tulsi Gabbard und Andrew Yang – alle warfen sie ihr politisches Gewicht hinter Biden, ist ein Mitte-Rechts-Establishment-Kandidat offensichtlich wünschenswerter als ein Linker, der antrat, den alles zermalmenden Würgegriff zu sprengen, in dem Konzerne, Banken, Lobbygruppen, Wall Street und die asozial reichen Clans und Dynastien die USA seit Jahrzehnten halten. Natürlich hätte Bernie dies nicht vollumfänglich geschafft, doch hätte er den Würgegriff doch zumindest etwas lockern können.
Biden hingegen ist die Fleischwerdung ebendieses Würgegriffs. Er vertritt genau diese verkommene, korrupte, neoliberale Empire-Elite, der Bernie den Kampf angesagt hat.
Es läuft also alles darauf hinaus, dass die USA im November zwischen Trump und Biden wählen „dürfen“. Ich werde jetzt nicht alles aufschreiben, warum Biden ein grauenhafter Präsident wäre (und auch die YouTube-Videos, in denen Creepy Uncle Joe an all den kleinen Mädchen schnüffelt, findet ihr ganz alleine) und auch was ich vom gegenwärtigen Nazi Clown President halte, kann in meinen Artikeln der letzten dreieinhalb Jahre nachgelesen werden.
Nein, Biden und Trump wären nicht gleich „schlimm“, so wie auch Hillary nicht gleich, sondern auf andere Art und Weise schlimm gewesen wäre. Alle drei Figuren sind niederträchtig und verachtenswert und kategorisch von A bis Z abzulehnen.
Ja, das Konzept des „geringeren Übels“ mag in sehr, sehr eng gestecktem Rahmen relevant sein – doch Biden vs. Trump ist anders, genau wie auch Hillary vs. Trump schon anders war. Es ist die buchstäbliche Wahl zwischen Pest und Cholera. Wenn mich ein Linkshänder vor die Wahl stellt, mir entweder mit Links oder Rechts ins Gesicht zu boxen, wähle ich sicher nicht die rechte, vermeintlich schwächere Faust, das kleinere Übel, sondern fordere ihn auf, gefälligst zu verschwinden.
Als Schlusswort nur noch Folgendes: Trump wird Biden vernichten. Die ganz persönliche Propaganda-Maschinerie, die Trump sich hält – die Hetzer auf FOX News genau wie all die rechtsradikalen Verschwörungstheoretiker im Internet –, wird Biden in Stücke reißen. Die US-Bevölkerung kann sich auf ein halbes Jahr Lügen-Stakkato einstellen. Biden ist seit gefühlt 100 Jahren in der Politik und hat dementsprechend ganze Lagerhallen voll Leichen im Keller, die Trumps PR-Moloch alle ausgraben und Biden 24/7 um die Ohren schlagen wird.
Daher meine Prognose: Biden wird verlieren, Trump bleibt im Amt.
Warum freiwillig zwischen Pest und Cholera wählen? Wann, wenn nicht jetzt, wäre die perfekte Zeit, die Green Party zu wählen? (Ja, es gibt in den USA eine grüne Partei.) Im Gegensatz zu den deutschen Grünen – die nicht grün sind und außer Neoliberalismus und Kriegstreiberei kaum noch etwas im Angebot haben – sind die US-Grünen grün und linksaußen. Warum also den Das-kleinere-Übel-Unsinn mitspielen, anstatt die historische Chance zu nutzen und das Zweiparteiensystem in den USA endlich aufzusprengen?
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