An Hiroshima und Nagasaki denken heißt: Atomwaffenverbot jetzt!

Zwischen dem 6. und 9. August gedenkt die Welt der Opfer der bislang einzigen Einsätze von Atomwaffen. Vor 76 Jahren, im August 1945, fielen US-amerikanische Atombomben auf die japanischen Großstädte Hiroshima und Nagasaki. Das darauffolgende atomare Inferno löschte 100.000 Menschenleben sofort aus, 130.000 Menschen starben in den Wochen und Monaten danach an ihren Verletzungen, Verbrennungen und den Folgen radioaktiver Verstrahlung. Bis heute liegt das Risiko für Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Hiroshima um 50 Prozent höher als im japanischen Durchschnitt.

Aber auch 76 Jahre nach diesem schrecklichen Atomschlag haben weder das Schicksal der Menschen in Hiroshima und Nagasaki, noch alle Erkenntnisse über die Zerstörungskraft und die zu erwartenden Auswirkungen eines Atomkriegs auf das Weltklima dazu geführt, dass diese Massenvernichtungswaffen geächtet und abgeschafft werden. Vielmehr kokettieren die Atommächte USA, China und Russland aktuell auf der politischen Weltbühne mit ihren Nuklearoptionen und ihrer kriegerischen Entschlossenheit, als ginge es darum, wer den größten Fisch fängt und nicht etwa um die gegenseitige Drohung mit der Vernichtung der Menschheit.

Wie angespannt die Lage ist, wurde letzte Woche deutlich, als US-Präsident Biden China und Russland direkt mit „einem echten Krieg“ drohte, „als Folge eines Cyberangriffs von großer Tragweite“. Im Juni hatte Biden dem russischen Präsidenten Putin in Genf schon eine Liste mit 16 Infrastrukturbereichen überreicht, die russische Hacker keinesfalls angreifen dürften. Die Existenz von staatlich beauftragten und nichtstaatlichen Hackern kann für keines der genannten Länder bezweifelt werden und keiner der Führer dieser Länder kann garantieren, dass er Cyberattacken, die seinem Land zugeschrieben werden, tatsächlich verhindern kann. Ein Hackerangriff als Auslöser für einen militärischen Konflikt zwischen den USA, Russland oder China? Klingt wie Science Fiction, ist aber keine. Aber anstatt gemeinsam daran zu arbeiten, die verletzlichen Infrastrukturen nachhaltig zu schützen, indem man sie zum Beispiel konsequent mit autonomen, vom ‚World Wide Web‘ abgekoppelten internen Netzen ausstattet, wird der potentiell drohende „Cyberangriff mit gravierenden nationalen Folgen“ zur Begründung für weitere Aufrüstung und potentieller Auslöser für einen Krieg mit Atomwaffen.

Die sicherheitspolitische Weltlage 76 Jahre nach Hiroshima? Wir sitzen immer noch auf einem Pulverfass. Britische, US-amerikanische und deutsche Kriegsschiffe (die Bundeswehr-Fregatte “Bayern” hat sich letzten Montag auf den Weg gemacht) ‚verteidigen‘ jetzt im Rahmen des „Indo-Pacific Deployment“ „unseren Wohlstand“ (AKK) im südchinesischen Meer, die NATO befeuert im Baltikum die Konfrontation mit Russland und Biden droht China und Russland im Falle einer Hacker-Attacke offen mit dem Atomschlag – selten war es so dringend, den Akteuren wenigstens ihre Nukleararsenale aus der Hand zu schlagen.

Aber die „nukleare Teilhabe“, also die Vorbereitung der Bundeswehr auf die Beteiligung am Atomkrieg, bleibt weiterhin ein Tabu. Im Hinblick auf die Bundestagswahl heißt es in einem aktuellen Text des regierungsnahen Thinktanks „Brookings Institution“: „Die Präsenz von US-Atomwaffen ist … in der deutschen Öffentlichkeit nicht beliebt. Die Fragen der nuklearen Teilhabe und des Ersatzes des Tornados durch ein anderes Flugzeug mit doppeltem Verwendungszweck werden im Wahlkampf vielleicht keine große Rolle spielen, aber sie werden bei den Koalitionsverhandlungen zwischen den Parteien, die die nächste Regierung bilden werden, eine Rolle spielen. … Die Vereinigten Staaten haben ein Interesse daran, wie diese Verhandlungen verlaufen werden. Zumindest möchte die US-Regierung keine deutsche Politik, die darauf abzielt, die nukleare Teilhabe einseitig zu beenden, was die derzeitige Abschreckungs- und Verteidigungsposition der NATO ins Wanken bringen könnte. … Washington kann in den kommenden Monaten Maßnahmen ergreifen, wie z.B. die Formulierung seines Konzepts für die nukleare Rüstungskontrolle, die dazu beitragen könnten, wie die Koalitionsverhandlungen in Berlin die Frage der nuklearen Teilhabe behandeln.“

Es geht jetzt aber nicht mehr nur um „nukleare Rüstungskontrolle“. Das Atomwaffenverbot ist seit dem 21. Januar 2021 geltendes Völkerrecht. Und solange die Atomwaffenmächte ihren Teil des Nichtweiterverbreitungsvertrags nicht erfüllen, der vorsieht, ernsthafte Schritte zur nuklearen Abrüstung bis hin zur vollständigen Überwindung der atomaren Bedrohung zu gehen, müssen wir den Druck erhöhen und die Abschreckungs- und Verteidigungsposition der NATO ins Wanken bringen. Unsere Forderungen lauten deshalb: Die nukleare Teilhabe innerhalb der NATO muss beendet werden. Es dürfen keine Atomwaffen in Deutschland stationiert sein und werden. Die Bundesregierung darf keine Trägersysteme und Pilotinnen und Piloten dafür bereitstellen. Deutschland muss endlich den Atomwaffenverbotsvertrag der UN unterzeichnen!

Als ersten Schritt dazu sollte die Bundesregierung die Teilnahme der Bundeswehr an der jährlichen NATO-Atomkriegsübung „Steadfast Noon“ absagen und die Beschaffung neuer Atombomber für den Atomwaffenstandort Büchel absagen. Die Verlegung des Tornadogeschwaders von Büchel ab Mitte nächsten Jahres für mehrere Jahre nach Nörvenich, während die Atomwaffen in der Eifel bleiben, ist eine gute Gelegenheit festzustellen, dass Deutschland auch ohne Zugriff auf diese Massenmordinstrumente nicht einen Tag unsicherer ist als mit. Das Gegenteil ist der Fall: Nur die Abschaffung der Atomwaffen kann vor Atomkrieg schützen.

Für diese Forderungen werden wir uns auch am 9. Oktober 2021 ab 12:00 Uhr in Nörvenich ein stark machen: Kommt alle zur Protestaktion gegen das Atomkriegsmanöver „Steadfast Noon“!

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