In der politischen Debatte um Kriminalität und Sicherheit spielt die Wortwahl eine entscheidende Rolle. Eine Politik, die auf Differenzierung, Fakten und Gerechtigkeit basiert, ist dringend erforderlich. Die Nutzung des rassistischen Clan-Begriffs in der Vorstellung des Wahlprogramms der Grünen durch Robert Habeck ist ein fataler Schritt, der einen weiteren Bruch mit den Grundwerten einer progressiven und gerechten Gesellschaft darstellt.
Der problematische Frame des Begriffs „Clan“
Der Begriff „Clan“ ist nicht neutral. Er ist ein Schlagwort, das untrennbar mit dem Deutungsrahmen der organisierten Kriminalität verbunden ist. Wie die Neuroforschung, insbesondere die Arbeiten von Elisabeth Wehling, zeigt, verstärkt die Wiederholung eines solchen Frames die öffentliche Wahrnehmung in eine bestimmte Richtung. Dadurch werden Fakten, die nicht in dieses Bild passen, ausgeblendet.
Dieser Begriff steht für Ausgrenzung und Diskriminierung, schon Schulkinder werden in Schulen wegen ihrer Familiennamen befragt und stigmatisiert. Menschen mit bekannten libanesischen Nachnamen sind bundesweit das Ziel von Polizeikontrollen, ihre Geschäfte und Restaurants werden nur aufgrund der Nachnamen der Besitzer zum Ziel von Razzien und auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt erfahren sie systematische Benachteiligung. Ihre Bewerbungen werden abgelehnt, allein weil der Name „nicht passt“. Die Kriminalisierung und Ausgrenzung unterscheidet dabei nicht zwischen Kriminellen und der deutlichen Mehrheit, die sich nur ein sicheres und würdevolles Leben wünschen.
Die Debatte und ihre Folgen treffen nicht jene, die kriminell sind, sondern die 95 % der Menschen, die rechtschaffend leben und arbeiten. Sie ziehen ihre Kinder groß, zahlen Steuern und tragen zur Gesellschaft bei – doch sie sind es, die unter der pauschalen Stigmatisierung leiden.
Ethnisierung von Kriminalität – eine gefährliche Rhetorik
Kein Begriff steht so für diese Stigmatisierung wie der Begriff „Clan“, er ethnisiert Kriminalität, indem er ethnische oder familiäre Hintergründe in den Fokus rückt. Wer den Begriff verwendet, will keine faktenorientierte Debatte und erst Recht keine progressive Einwanderungsgesellschaft. Wer von Clans spricht, ob es nun Habeck, Söder oder Reul ist, stigmatisiert und grenzt aus. Es ist verstörend, dass dieses fatale Wording nicht mehr nur von rechten und konservativen Parteien genutzt wird, sondern auch den Grünen.
Kriminalität muss benannt und verfolgt werden. Doch der Fokus sollte auf jenen liegen, die wirklich kriminell sind statt der Diffamierung aller Bürgerkriegsflüchte aus dem Libanon in Deutschland. Der Clan-Begriff tut das exakte Gegenteil, er verallgemeinert, er macht Unschuldige zu Mitverantwortlichen oder gar Mitbeteiligten und er raubt Chancen. Eine Kritik, die auch von Alexander Wollinger, Kriminologe und Lehrender für Kriminologie an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen, geteilt wird. Gemeinsam mit verschiedenen anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler offenbart er, dass der Clan-Diskurs zur Stigmatisierung beiträgt und zu Ausgrenzung führt. Das ein grüner Kanzlerkandidat hinter wissenschaftliche Erkenntnisse zurückfällt, nur um ein paar Punkte bei den Wählern zu machen, ist erschreckend.
Verantwortung für eine gerechte Sprache
„Sprache schafft Wirklichkeit“, schrieb der Philosoph und Biologe Humberto Maturana, das heißt Sprache dient nicht zur Abbildung der Realität, der Begriff „Clan“ definiert also nicht etwas neutral, sondern schafft in den Kopfen der Hörer ein Bild, ein Bild, welches diskriminierende und stigmatisierende Handlungen legitimiert. Wer sich einer Sprache bedient, die Vorurteile verbreitet und Probleme ethnisiert, verfestigt gesellschaftliche Ungerechtigkeiten. Kaum einer Partei dürfte die Bedeutung der Sprache so klar sein, wie den Grünen, wenn nun ausgerechnet Robert Habeck sich einer solchen Wortwahl bedient, dann weiß er, welchen Schaden er damit anrichtet.
Ein Beitrag von Ahmad Omeirat, Stadtratsmitglied der Grünen in Essen.