Das Simon Wiesenthal Center, benannt nach dem östereichischen Juden Simon Wiesenthal, der sich weltweit einen Namen als „Nazijäger“ gemacht hat, hat eine Liste mit den 10 antisemitischsten/antiisraelischsten Personen des Jahres 2012 erstellt. Durch die Gleichsetzung von Antisemitismus mit Kritik an Israel, die unter dem Wort „antiisraelisch“ vereinheitlicht wird, zeigt das Institut, dass es dem aktuellen Sprachgebrauch folgt, der Kritik an Israel mit Antisemitismus gleichsetzt. Die Auswahl der Personen auf der Liste zeugt, zumindest in Teilen davon, dass es sich um politische Motivation handelt.
Im letzten Jahr fand sich der Stadtratsabgeordnete der Linken in Duisburg, Hermann Dierkes, als einzige Person aus Deutschland auf der Liste, dieses Jahr ist es einer der letzten linken Publizisten beim Spiegel und Gründer des Freitags, Jakob Augstein, der auf diese Liste gesetzt wurde.
Augsteins Antisemitismus?
Als Grundlage für Augsteins Antisemitismus hat sich das Simon Wiesenthal Center 5 Zitate aus Artikeln von Augstein rausgesucht, die seine antiisraelische/antisemitische Haltung beweisen sollen.
Die erste Aussage, die als Beweis gegen Augstein herhalten soll:
1 ) „Mit der ganzen Rückendeckung aus den USA, wo ein Präsident sich vor den Wahlen immer noch die Unterstützung der jüdischen Lobbygruppen sichern muss, und aus Deutschland, wo Geschichtsbewältigung inzwischen eine militärische Komponente hat, führt die Regierung Netanjahu die ganze Welt am Gängelband eines anschwellenden Kriegsgesangs“
Die Behauptung, dass sich der amerikanische Präsident vor einer jüdischen Lobby vorstellen muss ist nicht richtig, denn die AIPAC ist eine Lobbyorganisation, die für Israel Stimmung macht und vor allem für die israelische Rechte. Mit dem Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus hat diese Organisation, die inzwischen auch verstärkt die Zusammenarbeit mit der reaktionären „Tea Party“ sucht, wenig gemein. Augsteins Aussage, dass der amerikanische Präsident sich vor dieser verteidigen müsste, wäre richtig, wenn er es als Lobby der rechten israelischen Regierung bezeichnet hätte. (Die Behauptung, dass jeder amerikanische Präsident sich irgendwie mit der AIPAC engagieren muss, wird auch von dem ehemaligen Knesset-Abgeordneten Uri Avnery in einem Artikel für heise-online aufgestellt.) Mit der Aussage, dass das schlimmste Verbrechen in der Geschichte der Menschheit, der Holocaust, als Legitimation für Waffenlieferungen dient hat Augstein Recht. Denn unter dem Vorsatz sich vor dem Iran und einem anstehenden neuen Holocaust verteidigen zu müssen, forderte die rechte Nethanjahu-Regierung 5 Atomuboote, die niemals der Verteidigung dienen können, von Deutschland an.
2 ) „Es ist dieser eine Satz, hinter den wir künftig nicht mehr zurückkommen: “Die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden.” Dieser Satz hat einen Aufschrei ausgelöst. Weil er richtig ist. Und weil ein Deutscher ihn sagt, ein Schriftsteller, ein Nobelpreisträger, weil Günter Grass ihn sagt. Darin liegt ein Einschnitt. Dafür muss man Grass danken. Er hat es auf sich genommen, diesen Satz für uns alle auszusprechen“
Die Aussage das Israel mit seinen Atomwaffen, die es nicht bereit ist im Zuge einer Abrüstung des Nahen Ostens abzugeben, den Frieden gefährdet, dürfte seit den Präemptivschlagsdrohungen durch Nethanjahu als bewiesen gelten. Grass hat mit seiner Aussage einen mutigen Schritt gemacht und eine wichtige Debatte in Deutschland begonnen, die leider viel zu oft emotional geführt wurde.
3 ) „Israel wird von den islamischen Fundamentalisten in seiner Nachbarschaft bedroht. Aber die Juden haben ihre eigenen Fundamentalisten. Sie heißen nur anders: Ultraorthodoxe oder Haredim. Das ist keine kleine, zu vernachlässigende Splittergruppe. Zehn Prozent der sieben Millionen Israelis zählen dazu.“
Die Aussage, dass es jüdische Fundamentalisten gibt, die das Leben von liberalen Israelis gefährden oder einschränken ist eine Wahrheit, die in letzter Zeit zu massiven Spaltungen in Israel geführt hat. Die Diskriminierung von Frauen und Homosexuellen durch ultraorthodoxe Israelis ist eine Tatsache, der sich inzwischen auch europäische Medien widmen.
4 ) „Gaza solle “auf dem niedrigsten Level funktionieren, der gerade noch eine humanitäre Katastrophe” ausschließe. Selbst das ist gelogen. Die Katastrophe geschieht. Gaza ist ein Ort aus der Endzeit des Menschlichen. 1,7 Millionen Menschen hausen da, zusammengepfercht auf 360 Quadratkilometern. Gaza ist ein Gefängnis. Ein Lager. Israel brütet sich dort seine eigenen Gegner aus.“
Die Bezeichnung von Gaza als Gefängnis ist zutreffend, da die meisten Menschen Gaza bis vor wenigen Wochen nicht verlassen konnten, da sowohl Israel als auch die ehemalige ägyptische Regierung, auf Druck der USA, die Grenze zu Israel verriegelte. Israel die alleinige Verantwortung zu geben ist allerdings falsch, denn auch die ägyptische Regierung, mit ihrer Abtrennung von Gaza, und der Einfluss salafitischer Kräfte trugen zur Entwicklung von Hass und Gewalt
5 ) „Das Feuer brennt in Libyen, im Sudan, im Jemen, in Ländern, die zu den ärmsten der Welt gehören. Aber die Brandstifter sitzen anderswo. Die zornigen jungen Männer, die amerikanische – und neuerdings auch deutsche – Flaggen verbrennen, sind ebenso Opfer wie die Toten von Bengasi und Sanaa. Wem nützt solche Gewalt? Immer nur den Wahnsinnigen und den Skrupellosen. Und dieses Mal auch – wie nebenbei – den US-Republikanern und der israelischen Regierung“
Das Islamophobe von den Protesten und der Gewalt durch Muslime, die gegen den Mohammed-Film protestierten, profitieren, wird auch von Pro Deutschland unter Beweis gestellt, die sich in dieser Zeit tagtäglich in den Medien fanden. Die israelischen Rechtsaußen konnten mit dem Film unter Beweis stellen, dass der Kampf gegen „muslimische Terroristen“, den sie in Palästina führen, weltweit wichtig ist. Die Aussage, dass die gesamte israelische Regierung davon profitierte oder diesen gut hieß, ist falsch, Ehud Barak, ehemaliges Mitglied der Arbeiterpartei verurteilte den Film.
Augsteins Reaktion
Auf Facebook reagierte Jakob Augstein auf die Liste des Simon Wiesenthal-Center:
Das Simon Wiesenthal Center hat mich auf eine Liste der „Top Ten der antisemitischen und antiisraelischen Beschimpfungen“ gesetzt. Die dpa fragte gestern, was ich davon halte. Ich habe den Kollegen dieses hier geantwortet:
Das SWC ist eine wichtige, international anerkannte Einrichtung. Fuer die Auseinandersetzung mit dem und den Kampf gegen den Antisemitismus hat das SWC meinen ganzen Respekt. Um so betrueblicher ist es, wenn dieser Kampf geschwaecht wird. Das ist zwangslaeufig der Fall, wenn kritischer Journalismus als rassistisch oder antisemitisch diffamiert wird.
Seiner Aussage können wir nur zustimmen. Augsteins Kritik an Israel ist hart, die Worte nicht immer treffend gewählt, in der Gesamtheit ist sie aber zutreffend, ihn als Antisemiten zu beschimpfen, schadet vor allem denjenigen, die weltweit gegen Rassismus und Antisemitismus kämpfen, ein Kampf dem sich auch Augstein verschrieben hat.
4 Antworten
Augustin ist nicht „Gründer“ der Wochenzeitung Freitag, er hat sie nur gekauft. Inhaltlich aber volle Zustimmung.
Anscheinend kann „islamfreundlich“ echt auch immer nur „israelfeindlich“ heißen.
Ja endlich mal Freiheit. Iran und die islamisten muessen doch ihren Aufgabe fuer sich widmen. Gazastreifen ist nur ein radikalislamisten, mit denen ist das Leben schwer. Gerade koennen Kinder nicht in die Schule zusammen gehen, Maedels und Jungs sind getrennt. Mit Europaeischen Frisur kann man nicht auf der Strasse rum laufen. Frauen duerfen keine Manicure tragen. Ein Paar kann sich nicht in der Offentlichkeit zeigen. Supi