Derzeit läuft ein besonders brisantes Verfahren gegen einen Lehrer und GEW-Mitglied in Hessen. Er soll im Zuge einer 1.Mai-Demonstartion einen Rauchtopf in Richtung eines Polizisten gechippt haben, weshalb ihm nun eine Verurteilung und, damit einhergehend, ein Verbot zur Ausführung des Lehrberufs droht. Doch noch steht das Ergebnis des Prozesses nicht fest und unsere Solidarität mit Luca könnte den Unterschied machen.
Die Geschichte von Berufsverboten in der Bundesrepublik für politisch engagierte Lehrkräfte ist lang und gespickt von dunklen Kapiteln. Tausenden Bewerberinnen auf Referendariat und Lehrberuf wurde seit den1970er Jahren der Weg in den Beruf für das Verbrechen verbaut, sich öffentlich als Sozialistin, Kommunistin, Friedensaktivistin oder anderweitig für die Verbesserung gesellschaftlicher Verhältnisse einzusetzen. Der deutsche Staat und sein Kampf gegen die gesellschaftliche Linke im Klassenzimmer „feierte“ letztes Jahr sein unrühmliches, fünfzigstes „Jubiläum“ – und aktuell wird ihm ein neues Kapitel hinzugefügt.
Mit Wasserwerfern gegen Demos
Luca S. ist 27, er ist aktives Gewerkschaftsmitglied, macht seine Ausbildung zur Haupt- und Realschullehrkraft und sollte diesen November eigentlich sein Referendariat antreten. Doch dann entschied sich die Staatsanwalt Hessen, ihn Anzuklagen. Das angebliche Verbrechen? Während eines Demozugs am Tag der Arbeit 2021 in Frankfurt wurden im Demozug Nebelkerzen gezündet, woraufhin die Einsatzkräfte mit Schlagstöcken und Wasserwerfern gegen die Demonstrantinnen vorging. Während mehrere Verletze am Boden lagen, entfernte Luca die Rauchtöpfe in der Nähe von Personen, welche notfallmedizinische Versorgung benötigten, indem er sie hinter sich schnippte. Angeblich hat einer davon eine Polizistin getroffen – angeblich, da sich die Aussagen des Betroffenen stark widersprechen, von einem Treffer an der Schulter, dann in der Knieregion, schließlich von gar keiner Erinnerung an irgend einen Treffer war die Rede.
Was fest steht: die Anklage ließ sich weder von dem Videomaterial, welches von den Einsatzkräften gemacht wurde, substantivieren, noch hat sich irgend eine Art von Verletzung beim eventuell Getroffenen feststellen, schon gar nichts in Richtung eines Dienstausfalles. Trotz alledem kam die zuständige Kammer im Mai 2023 zu einem Urteil, welches S. Nicht nur ca. 5000€ abverlangen sollte, sondern ihm als vorbestrafte Person das Referendariat unmöglich machen würde. Der Vorsitzende der GEW Hessen, Thilo Hartmann, kommentierte die Situation damit, dass Luca hierbei ein „Ausbildungsverbot“ drohe, die Initioatorinnen des Solidaritätskomitees „Lasst Luca Lehren“ sowie weitere Prozessbeobachter analysieren das Verhalten der Staatsanwaltschaft hier als klar „politisch Motiviert“.
Bisher sammelte die Initiative über 4000 Unterschriften, die einen Freispruch für den Gewerkschafter fordern. Getragen ist die Petition auch von jenen, welche in den 1970ern bereits politischer Verfolgung durch den deutschen Staat ausgesetzt waren, wie Silvia Gingold. Auch heute sehen wir ein massiertes Interesse von polizeilicher Seite, unbequemen politischen Protest auf das schärfste zu verfolgen. Ob man hier nun an der umfassenden Repression von Klimaaktivistinnen im vergangenen Jahr oder das wissenschaftlich feststellbare, zunehmend eskalierende Verhalten der Polizei rund um politische Großveranstaltungen (Siehe hierzu Singelnstein: „Gewalt im Amt“, 2023).
Der Eindruck entsteht, dass das Klima rauer werden soll, und der Gedanke drängt sich auf, dass Luca ein Opfer dieser neuen Dimension politischer Repression ist. Doch das Ende der Geschichte steht noch nicht fest. Die Staatsanwaltschaft, im Versuch eine deutlich härtere Strafe für Luca zu erzielen, legte Revision an. Ein erster Verhandlungstag, welcher im September 2023 angesetzt gewesen ist, wurde spontan auf den Januar 2024 versetzt. Ob dies mit dem öffentlichen Interesse an der Sache und den breiten Solidaritätsbekundungen für den Angeklagten zu tun hat, ist nicht abzuschätzen. Klar ist allerdings eine Sache: die politische Repression gegen linke Aktivistinnen ist eine Repression gegen uns alle, und wir alle sind angehalten diesem staatlichen Handeln geeint zu begegnen. Statt einem weiteren Kapitel der Repression können wir dieses Ereignis zu einer Geschichte des Zusammenhalts und der Solidarität umschreiben: die Petition „Luca muss Lehrer bleiben! Solidarität mit Luca – GegenBerufsverbote!“ sucht ständig neue Unterzeichner*innen, auch sind weitere Kundgebungen zur Solidarität mit Luca geplant.
Im Angesicht von Repression und Verfolgung hilft nur Solidarität!