Flüchtlinge an Polens Grenze – Erpressung durch Entmenschlichung

Die Situation an der belarussisch-polnischen Grenze spitzt sich dramatisch zu. By Kancelaria Premiera, Irek Dorozanski, Flickr, licensed under CC BY-NC-ND 2.0.

In den deutschen Medien, von Politikerinnen und Politikern in Deutschland aber auch in anderen EU-Staaten ist dieser Tage zu hören, der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko erpresse die EU. Das mag richtig sein. Doch die Tatsache, dass sich die EU überhaupt erpressen lässt, ist das deutlichste Zeichen für die Aufgabe des letzten Funkens von Humanismus.

Denn der Druck an der Grenze zwischen Polen und Belarus entsteht durch einige Tausend Geflüchtete, die sich dort aufhalten, vor allem Menschen aus Afghanistan, Syrien und dem Irak. Diese Menschen, entkräftet von der Flucht vor Bürgerkrieg, Gewalt und dem Regime der Taliban, werden als Gefahr dargestellt, die es zu bekämpfen gilt. Ihr Leid wird negiert, viel mehr werden sie als „Sturm auf die europäischen Grenzen“ oder als neue „Flüchtlingswelle“ bezeichnet.

Damit vollzieht sich die Entmenschlichung, die die Debatten über eine Mauer und den Einsatz von Waffen gegen die Leidenden bereits dominieren, auch auf sprachlicher Ebene. Dabei sollte doch eigentlich klar sein, dass diese Menschen keine Gefahr darstellen für keines der Länder in der EU, dass ihre Aufnahme im Einklang steht mit den Menschenrechten und eine unbedingte Notwendigkeit ist für alle, die von Humanismus und der EU als Leuchtturm der Menschlichkeit sprechen.

Doch diese Selbstbeschreibung hat nichts mit der Realität zu tun, dies zeigt nach dem Brand von Moria, der Abriegelung der griechisch-türkischen Grenzen und dem Sterben auf dem Mittelmeer nun das Agieren an der polnischen Grenze. Dabei macht die aktuelle Krise nur zu deutlich: Würden Menschen in Not gerettet statt als Gefahr dargestellt, gäbe es kein Erpressungspotential. Dieses ist erst dadurch gegeben, dass man Abschottung höher gewichtet als das Leben von Kindern. Die Angst, Stimmen an rechte Parteien zu verlieren, ist stärker als die Sorge, der Welt zu offenbaren, dass die eigenen Worte nur Phrasen sind.

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