Krieg ist gut fürs Geschäft. Entwicklungen in Richtung Frieden – wie das historische Treffen der Präsidenten Nord- und Südkoreas – sind Gift fürs Geschäft. Die fünf größten US-Rüstungskonzerne gehen seit Donnerstag auf Talfahrt.
Krieg lohnt sich. Die Welt gibt im Jahr knapp 1,7 Billionen Dollar für Krieg aus – das entspricht der akkumulierten Wirtschaftsleistung der „unteren“ 116 Länder dieses Planeten. Krieg lohnt sich.
Als Donald Trump am 19. September 2017 in den ehrerbietenden Hallen der UN-Generalversammlung gegen das „verdorbene Regime in Nordkorea“ hetzte und „Rocket Man“ Kim Jong-un mit der „totalen Zerstörung“ seines 26 Millionen Einwohner umfassenden Landes drohte, wurde den Aktionären der US-Rüstungskonzerne warm ums Herz:
Erinnerungen an längst vergangene Zeiten wurden wach, an höchst profitable Zeiten, an den ersten heißen Krieg des Kalten Kriegs: an den versuchten Genozid der USA an der Bevölkerung Nordkoreas in den 1950ern. Erinnerungen an die tatsächliche „totale Zerstörung“ des Landes, als die U.S. Air Force 635.000 Tonnen Bomben und 32.557 Tonnen Napalm auf das Land abwarf, als sich US-Generäle beklagten, weil es einfach keine Targets mehr gab und schließlich Dämme bombardierten, um das Land im Meer zu versenken. Und als die USA am Ende 20 Prozent der nordkoreanischen Bevölkerung auslöschten – genau so viel wie die Nazis wenige Jahre zuvor in Polen.
Die Aussicht auf 635.000 Tonnen neue Bomben: Trumps „Rocket Man“-Rede vor der UN versetzte US-Rüstungs-Aktionäre in pure Ekstase. Ihre Aktienwerte schossen in die Höhe.
Doch dann kam der 26. April, als „Rocket Man“ über die am besten befestigte Grenze der Welt hinweg den historischen Schritt auf südkoreanisches Territorium setzte. Händchenhaltend gingen Kim Jong-un und sein südkoreanischer Amtskollege Moon Jae-in über die Demarkationslinie auf nordkoreanisches Territorium und anschließend zurück aufs südkoreanische, wo sie nach 65 Jahren das historische Friedensabkommen besiegelten.
Kim und Moon versprachen der Welt die „vollständige Entnuklearisierung der Koreanischen Halbinsel“. Zwar mangelte es an Konkretem, doch hierum ging es an diesem Tage nicht.
Hier treffen sich keine Erzfeinde, sondern Brüder ein und derselben Familie – so die Message an die Welt. Das historische Treffen war aufgeladen mit Schwulst und Pomp – intime Endlosumarmungen, Kostüme, Brückensymbolik überall, Baum pflanzen, kleine Kinder: alles war da – doch in einer Welt, in der Trump per Twitter anderen Ländern den Krieg erklärt, kann die Bedeutung und emotionale Kraft derartiger Symbolik nicht überschätzt werden.
Doch was die gesamte Welt euphorisch feierte, trieb den CEOs und Großaktionären der US-Rüstungskonzerne tiefe Sorgenfalten auf die Stirn. Am Tag danach überbrachte das weltweit renommierte Business-Magazin Fortune die Schreckensnachricht: Die US-Rüstungsindustrie leidet akut unter dem historischen Meeting!
Nachdem die Wahl des gegen alles und jeden pöbelnden Donald Trump den US-Rüstungs-Index um 27 Prozent in die Höhe schießen ließ, verloren die Aktien der fünf größten US-Rüstungsunternehmen in den 24 Stunden nach dem Korea-Meeting astronomische 10,2 Milliarden US-Dollar an Wert. Lockheed Martin, Northrop Grumman, Boeing, General Dynamics und der Cruise-Missile-Hersteller Raytheon stürzen ab.
Zur Entwarnung merkt Fortune jedoch an, dass der Rüstungs-Index „noch immer den Markt antreibt“, da es glücklicherweise „anhaltende Spannungen mit anderen Nationen“ gibt.
Die Rüstungs-Aktionäre werden das Nordkorea-Trauma also schnell überwinden – eskaliert Trump doch alle anderen neun Kriege, die ihm sein Vorgänger, Friedensnobelpreisträger Barack Obama, auf dem Silbertablett servierte: Er schlachtet auf Rekordniveau Zivilisten im Jemen, im Irak und in Syrien, eskaliert den Krieg in Afghanistan, fährt Lutschläge in Somalia exzessiv hoch, beordert Drohnenschläge wie im Blutrausch und wirft die „Mutter aller Bomben“ auf Afghanistan ab.
Hoffnung auf weitere Eskalation und Profite gab es jüngst auch in Syrien, als Washington mit seinen Juniorpartnern in London und Paris illegal 105 Raketen auf Syrien abfeuerte. Tomahawk-Cruise-Missiles gibt’s zum Preis von 1 bis 2 Millionen Dollar das Stück, ein vorgezogenes Trostpflaster für Rüstungs-Aktionäre. Immerhin.
Doch allen voran schauen die Rüstungs-Schergen auf ein Event: Der sich anbahnende Krieg gegen den Iran. Trumps neuer Sicherheitsberater John Bolton forderte bereits 2015 in einem Op-Ed in der New York Times, den Iran zu bombardieren und kündigte einen Regime Change in Teheran noch 2018 an. Regime Change bedeutet Bomben bedeuten Megaprofite für Aktionäre.
Die CEOs und Großaktionäre werden den jüngsten Rückschlag in Korea also gewiss verkraften – verspricht ihnen der rechtsextreme Kriegsfalke im Weißen Haus doch unzählige andere Orte, auf die ihre ultrateuren Todesbringer niederregnen werden.
Doch genug der Misanthropie und des Zynismus dieses Artikels!
Schließen wir mit einem Zitat von James Madison, einem der Gründerväter der USA – Oh, wie gern berufen sich Washingtoner Kriegsfalken auf ihre Founding Fathers! – aus dessen Feder die US-Verfassung und die Bill of Rights stammen und dessen Schriften sich die Menschenfeinde im Weißen Haus und in den Chefetagen der Waffenschmieden einmal zu Herzen nehmen sollten:
„Von allen Feinden der Freiheit ist Krieg vielleicht derjenige, der am meisten zu fürchten ist,
weil er die Keime für alle weiteren enthält und diese nährt.
Krieg ist der Vorfahre der Armeen; aus diesen entwickelten sich Schulden und Steuern,
bekannte Instrumente, um die Vielen unter die Herrschaft der Wenigen zu bringen.
Keine Nation kann inmitten eines andauernden Krieges ihre Freiheit bewahren.“