In der Zeit von Pandemien wie Corona ertönt schnell der Ruf nach dem starken Staat. Als Linke haben wir den Spagat zu schaffen, die Gesundheit der Allgemeinheit zu schützen, aber zugleich auch die demokratischen Grundrechte zu verteidigen.
Deshalb halte ich massive Eingriffe in Freiheitsrechte von Bürgerinnen und Bürgern auch in Zeiten einer Pandemie nicht für die gebotene Antwort eines demokratischen Staates auf die zweifelsfrei großen Herausforderungen. Die NRW-Landesregierung hat mit ihrem gescheiterten Vorhaben einer Dienstpflicht und weiteren Einschränkungen durch ein Infektionsschutzgesetz ihren autoritären Charakter offengelegt. Der Kampf auf juristischem und politischem Feld war teilweise erfolgreich und besonders weitgehende Vorhaben wurden nicht weiter verfolgt.
Aber die Krise gibt uns die Gelegenheit, auf ein weiteres politisches Problem aufmerksam zu machen.
Die Privatisierungswelle im Gesundheitswesen hat zu knappen Ressourcen und fehlenden Eingriffsmöglichkeiten der öffentlichen Hand geführt. Deshalb muss nach Ende der Corona-Krise eine politische Debatte für eine Rekommunalisierung von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen geführt werden. Kommunale, wohnortnahe Versorgung darf nicht auf bestimmte Gegenden beschränkt und damit unmittelbar eine Frage des Geldbeutels sein. Hier muss der Staat Stärke zeigen und eingreifen – nicht bei unseren Grundrechten.
Eine demokratische, soziale und künftig sozialistische Gesellschaft im Sinne des Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz muss wesentliche Bereiche der Daseinsvorsorge nicht nur vorhalten, sondern diese Bereiche müssen ohne Wenn und Aber komplett in der öffentlichen Hand sein und von dieser gelenkt werden. Das Grundgesetz, ich kann es nicht oft genug wiederholen, enthält keinen Bestandschutz für eine kapitalistische Gesellschaftsform. Es ist in Bezug auf die Wirtschaftsverfassung neutral. Das heißt, es ist die politische Aufgabe unserer Partei, diese Diskussion jetzt zu führen. Innerhalb des Parlaments aber auch in den Bewegungen und durch Demonstrationen.
Zum politischen Kampf gehört gerade auch die Nutzung des Demonstrationsrechts aus dem Grundgesetz. Gerade diese Bestimmung des Art. 8 GG ist eine politische Schlussfolgerung aus der Zeit der Nazidiktatur. Wer dies – und sei es auch nur leichtfertig – vergisst, der will historische Lehren und Verpflichtungen nicht für sich akzeptieren. Das fordert uns als Linke zum Widerspruch heraus! Zugleich offenbart sich im Vorgehen der NRW-Landesregierung mit dem Infektionsschutzgesetz ein autoritäres Staatsverständnis, welches wir entschieden bekämpfen müssen. Eine Pandemie darf kein Blankoscheck für den Abbau von Demokratierechten sein.
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