Geflüchtete kämpfen für ihre Rechte – Refugee-Protestcamp Demo in Dortmund

Der Wahre Untergang des Abendlandes: Das Massengrab Mittelmeer. Foto: Benny Krutschinna — hier: Düsseldorf.

Der Wind peitscht durch die Katharinenstraße, Leute mit Einkaufstüten gehen die Treppe hinunter und am Rande steht das Protestcamp der syrischen Refugees. Einzig und allein durch Planen vor Wind und Wetter geschützt, leben die rund 60 Syrer seit nunmehr sieben Wochen in dieser belebten Gasse, direkt vor dem Dortmunder Hauptbahnhof.

Alles fing am 9. Juni vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge , kurz BaMF, an. Mehrere Refugees aus Syrien vernetzten sich und starteten hier einen Protest, der sich speziell gegen die Verfahrenspraxis in Dortmund richtet. Von Anfang an wurde das Camp mit großer Aufmerksamkeit betrachtet. Auch von Neofaschisten der Partei „die Rechte“, welche noch in der Gründungsnacht des Camps einen Angriff auf dasselbige versuchten, jedoch von der Polizei gestoppt wurden. Seitdem bewacht die Bereitschaftspolizei das Camp rund um die Uhr. Nach wenigen Tagen entschlossen sich die Organisatoren des Camps, aus der von LKW’s befahrenen und abseits gelegenen Huckarder Straße zu den Katharinentreppe in die Öffentlichkeit zu ziehen. Am 15. Juni zogen sie, begleitet von mehreren hundert SupporterInnen, dorthin.

„Auf Baschar pissen gehen“

Seitdem leben sie nun hier. Hinter fünf Bäumen, welche die Transparente tragen, die mal mehr, mal weniger dem Wetter standhalten. Vor ihnen einige Geschäfte, Backwaren, Imbiss, Schuhgeschäft, etc. Ständig beobachtet von den Passanten, die ab und zu aus der Menschenmenge hervortreten, um entweder das Geschehnis zu beobachten oder die Petition zu unterschreiben. Auf die häufigste Frage „Wie kann ich helfen?“, lautet die Antwort „Petition unterschreiben und Wasser ohne Kohlensäure, bitte.“ Letzteres wird als Spende am häufigsten benötigt. Das Essen wird zumeist von Privatpersonen gespendet oder durch die Foodsharing-Gemeinde Dortmunds organisiert, welche die Refugees unterstützen. Geschlafen wird auf Iso-Matten und in Schlafsäcken. Für die Notdurft steht ein Dixie-Klo bereit. Wer es benutzt sagt spöttisch, dass er „auf Baschar pissen geht“. eine Anspielung auf den Diktator Syriens, welcher im Camp keine große Beliebtheit genießt. Das Wetter zeigt sich währenddessen nicht sonderlich gnädig. Bis auf Schneefall hat das Camp schon alles erlebt, von brüllender Hitze über 40° bis zu prasselnden Regen und orkanartiger Böen war alles dabei. Die Refugees zeigen sich aber unbeeindruckt. Sie sitzen unter den Planen, spielen Schach, arabische Dame oder unterhalten sich schlicht und einfach untereinander oder mit den SupporterInnen. Diese unterstützen die Refugees wo sie nur könne. Es sind Studierende, Schülerinnen und Schüler und ganz normale Dortmunderinnen und Dortmunder, die hier zusammenkommen, um Vertriebenen zu helfen. Sie verhandeln mit der Polizei, dolmetschen, bringen Lebensmittel und helfen bei Anträgen.

Während sie hier auf ihre Asylanträge warten, warten ihre Familien in Syrien auf den Tod

Viele Refugees haben grausames erlebt. Sie sind, wie sie selber sagen, vor der „Hölle, Tötung, Zerstörung und dem Krieg in Syrien“ geflüchtet. Manche sind monatelang, hunderte von Kilometern über den Balkan gelaufen, um dann von brutalen Polizisten geschlagen und misshandelt zu werden. Alle zusammen haben aber eins gemeinsam: Ihre Familien sind noch in Syrien. Dem Land, in welchem seit März 2011 ein blutiger Bürgerkrieg herrscht. In dem Land, in dem Fassbomben auf Städte geworfen werden. Ein Land, dass durch Zerstörung, Leid und Qual geprägt ist. Während sie hier auf ihre Asylanträge warten, warten ihre Familien in Syrien auf den Tod. Einige jedoch können noch nicht einmal Asylanträge stellen. Sie fallen unter die Dublin III Verordnung und haben in einem dazugehörigem Staat einen Fingerabdruck abgegeben. Die Dublin III Verordnung besagt, dass Refugees dort Asylanträge stellen müssen, wo sie zuerst EU-Grenzen erreichen. In Italien wartet jedoch ein völlig überlastetes System und in Ungarn und Bulgarien drohen Asylhaft und menschenunwürdige Behandlung. Jeden Tag leben die Betroffenen mit der Angst, dorthin abgeschoben zu werden. Selbst wenn ein Asylantrag bewilligt wurde, warten sie über Monate auf die Familienzusammenführung. Die von der Bundesregierung zugesicherte maximale Bearbeitungsdauer von drei Monaten wird oft überstiegen. Im Durchschnitt warten sie hier in Dortmund acht Monate. Ein Zeitraum der viel zu lang ist, um ihre Familien vor dem drohenden Tod zu retten. Die Refugees stellen daher die Forderungen auf, dass das Aufenthaltsrecht für Syrer, die über drei Monate warten erteilt und die Familienzusammenführung beschleunigt wird. Zudem soll die besondere Situation der Syrer und Syrerinnen berücksichtigt werden, die unter das Dublin-Abkommen fallen.

Am 31.07 wird der Protest deshalb noch einmal in Form einer Demonstration zum BaMF in der Huckarder Straße in Dortmund getragen. Beginn der Demonstration ist um 10 Uhr beim Camp in der Katharinenstraße am HbF. Ohne euch da draußen können die Refugees ihr Ziel nicht erreichen, daher: Kommt zahlreich!

Der Autor Collin Hauke ist aktiver Supporter des Protestcamps.

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